Für Nationen, die bei den Winterspielen antreten möchten, sind die Kriterien eindeutig festgeschrieben. Für die NOK-Quotenliste werden 37 Wettkämpfe ab dem 28. November 2020 berücksichtigt. Der abschließende Stand basiert auf den 12 besten Ergebnisse aus sechs Sprints, einem Einzel, drei Staffeln, einer gemischten Staffel und einer Single-Mixed-Staffel nach dem Sprint der Frauen am 14. Januar 2022 in Ruhpolding. Zu diesem Zeitpunkt dürfen sowohl in den Männer- als auch den Frauenlisten die NOKs auf den Plätzen 1 - 3 sechs Athleten nominieren, die auf den Plätzen 4 - 10 fünf und die auf 11 - 20 vier. Wenn die ausrichtende Nation keine dieser zwölf Plätze bekommt und nach Punkten qualifizierte Athletinnen und Athleten hat, kann es pro Geschlecht bis zu zwei Plätze zugeteilt bekommen, die von den zwölf abgezogen werden. Sie bekämen auch zwei zusätzliche Ausrichter-Plätze gemäß einem Abkommen zwischen dem IOC und dem Organisationskomitee Peking (BOCOG). Diese zwei zusätzlichen Plätze würden nicht von den verbleibenden 10 Wildcard-Plätzen der IBU abgezogen. Alle Top-20-Mannschaften bekommen je vier Startplätze in den Einzelrennen, was für die Sprints und 15/20 km Einzel insgesamt 92 Starter ergibt, oder eben 94, sollte China jenseits der Top 20 landen. Je nach Ergebnissen kann eine Nation bis zu fünf Startplätze im Massenstart erlangen. Fazit: Es sind je 105 (107 bei China jenseits der Top 20) Tickets nach Peking für Männer und Frauen zu vergeben, eine Gesamtzahl von 210 Olympioniken. Im Detail gibt es die Regeln hier (auf Englisch) zum Nachlesen: Olympic Qualifying Quota Rules
Auf der vorläufigen Männer-Quotenliste stehen Norwegen, Frankreich und Schweden ganz oben, bei den Frauen sind es in dieser Reihenfolge Schweden, Norwegen und Frankreich. Diese Nationen liegen im Rennen um die vollen sechs Nominierungen vorn. Momentan liegen bei den Männern Estland, Lettland und Rumänien auf den Plätzen 21, 22 und 23 und hoffen auf Wild-Card-Plätze. Bei den Frauen sind es auf 21, 22 und 23 Korea, Slowenien und China. Eine sehr wahrscheinliche Kandidatin für eine Wild Card ist die Belgierin Lotte Lie, die derzeit auf Rang 17 in der Weltcup-Gesamtwertung liegt und schon drei Top-15-Ergebnisse geschafft hat. Bei den Männern ist der bestplatzierte Athlet aus einer Mannschaft jenseits der Top 20 der Koreaner Timofey Lapshin auf Rang 45.
Jede Nation hat intern eine eigene Olympianorm, die Athletinnen und Athleten erfüllen müssen, um eines der begehrten Tickets nach Peking zu lösen. Norwegen und Deutschland haben die Latte für den Olympia-Kader besonders hoch gelegt.
Norwegen hat die wohl härtesten Kriterien, was bei vier Männern in den Top 10 der Weltcup-Gesamtwertung und Marte Olsbu Roeiseland als Führender bei den Frauen auch kaum überraschend ist. Die Olympia-Norm dort schreibt zweimal Top fünf und ein Weltcupranking nach den Verfolgern von Oberhof vor. Die letzten Nominierungen werden nach Oberhof bekanntgegeben. Am Montag wurden sieben Olympia-Nominierungen bestätigt. Johannes Thingnes Bö, Tarjei Bö, Vetle Sjaastad Christiansen und Sturla Holm Laegreid haben es in den Olympia-Kader geschafft. Davon ausgehend, dass bei den Männern noch zwei Plätze zu vergeben sind, dürften Erlend Bjöntegaard, Filip Fjeld Andersen, Alexander Fjeld Andersen und Sivert Guttorm Bakken das unter sich ausmachen. Christiansen, JT und Laegreid haben in dieser Saison alle schon Rennen im BMW IBU Weltcup gewonnen, Tarjei hat mit einem zweiten und einem dritten Platz schon zweimal auf dem Podest gestanden. Marte Olsbu Roeiseland im gelben Trikot ist die einzige Norwegerin, die die Olympia-Norm schon erfüllt hat. Neben ihr wurden in dieser Woche noch zwei weitere Frauen für Peking nominiert. Die Gesamtweltcup-Siegerin vom Vorjahr Tiril Eckhoff, die in dieser Saison noch nicht so recht Fuß gefasst hat, und Ida Lien, die im Sprint von Hochfilzen Vierte wurde, fahren ebenfalls nach Peking. Die restlichen Norwegerinnen, allen voran Ingrid Landmark Tandrevold, Karoline Knotten und Karoline Erdal werden in der ersten Woche 2022 um die restlichen Nominierungen kämpfen müssen. Mit Ausnahme von Olsbu Roeiseland wird die norwegische Mannschaft den BMW IBU Weltcup in Ruhpolding auslassen und stattdessen in Vorbereitung auf Peking zum Höhentraining nach Passo Lavazè in Italien reisen.
Deutschland hat eine ähnlich anspruchsvolle Olympia-Norm: Einmal Top acht oder zweimal Top 15 im Weltcup braucht es für die Qualifikation. Derzeit haben vier Frauen und drei Männer die Norm schon geschafft. Bei den Frauen sind es Denise Herrmann, Franziska Preuss, Vanessa Voigt und Vanessa Hinz, bei den Männern nur der Sprintsieger von Hochfilzen Johannes Kuehn, Philipp Nawrath und Benedikt Doll.
Frankreich vergibt seine vier Startplätze basierend auf der Platzierung im Weltcup, wo derzeit Emilien Jacquelin, Quentin Fillon Maillet, Simon Desthieux und Emilien Jacquelin vorn liegen. Jacquelin, Fillon Maillet und Desthieux haben in dieser Saison schon Siege eingefahren. Anais Bescond, Justine Braisaz-Bouchet, Anais Chevalier-Bouchet und Julia Simon führen bei den Frauen die Wertung an. Von ihnen hat noch keine in dieser Saison ein Rennen gewinnen können, Bescond und Simon haben aber zwei zweite Plätze geschafft.
Die Österreicher fordern eine Top-Ten-Platzierung oder zweimal Platzierungen zwischen 11 und 16. Um die Staffeln zu besetzen, können Athletinnen und Athleten direkt nominiert werden, und das Trainerteam darf diese dann auch für Einzelrennen nominieren. Dementsprechend muss das Team sorgfältig zusammengestellt werden. Derzeit haben bei den Männern Simon Eder und Felix Leitner die Norm erfüllt, bei den Frauen die Nummer vier im Weltcup Lisa Theresa Hauser mit einem Sieg im BMW IBU Weltcup in dieser Saison. Simon Eder, der schon zwei Olympia-Medaillen mit der Staffel gewonnen hat, fährt zum vierten Mal zu den Winterspielen. In Finnland ist das System ähnlich: Top 16 für eine Einzel-Nominierung, Top acht für Staffeln. Auch hier wird man die Plätze nach Ermessen vergeben. Derzeit erfüllen nur Tero Seppälä, Olli Hiidensalo und Mari Eder die finnische Olympia-Norm. Mari Eder tritt zum vierten Mal bei Winterspielen an.
Vorqualifiziert: Schweden und die USA
In manchen Nationen sind Athletinnen und Athleten aufgrund der Ergebnisse der letzten Saison vorqualifiziert.
Die großen Namen bei den Schweden: Die Titelverteidigerin und Olympiasiegerin im 15 km Einzel der Frauen, Hanna Öberg, der Silbermedaillengewinner in der Verfolgung und derzeit Führende im Gesamtweltcup Sebastian Samuelsson, IBU Sprintweltmeister 2021, konnten ihre Tickets für China schon im letzten Sommer lösen. Gestern wurden noch fünf weitere Athletinnen und Athleten für den schwedischen Olympia-Kader nominiert. Allen voran betraf das die Doppelsiegerin von Le Grand Bornand Elvira Öberg, außerdem aus der Silber-Staffel von Pyeongchang Anna Magnusson und Linn Persson bei den Frauen. Staffelolympiasieger Jesper Nelin und Peppe Femling von Pyeongchang wurden bei den Männern nominiert. Schweden, die vermutlich sechs Quotenplätze vergeben dürfen, werden nach dem BMW IBU Weltcup in Ruhpolding Mitte Januar weitere Nominierungen bekanntgeben.
Für die USA sind mit Susan Dunklee und Clare Egan zwei Athletinnen vorqualifiziert. Die beiden waren sogar die ersten Athletinnen, die die USA über alle Sportarten hinweg für die Spiele in Peking nominierten. Nach dem Weltcup in Annecy Le Grand Bornand am vergangenen Wochenende ergänzten die USA den Kader um Jake Brown und Paul Schommer.
Diese Liste von bereits qualifizierten und aussichtsreichen Kandidatinnen und ist alles andere als vollständig, sondern nur eine erste Auswahl der 201 möglichen Starter. Schaut man nur auf die Resultate, gibt es einige erfahrene Biathleten mit guten Chancen auf eine Teilnahme, die Anfang Januar mit Konstanz und guten Ergebnissen aufwarten sollten, um das Ticket für Peking zu lösen. Der deutsche Silbermedaillengewinner im 20 km Einzel Erik Lesser liegt im Weltcup derzeit auf Rang 33 und hat nur einen 10. Platz als Bestleistung der Saison vorzuweisen. Er ist der Startläufer der deutschen Männerstaffel, dürfte also für Peking nominiert werden. Bei den Schweden liegen Jesper Nelin und Peppe Femling, beide Teil der schwedischen Gold-Staffel von 2018 auf den Rängen 36 und 49 in der Gesamtwertung, dürften aber nach Samuelsson und Ponsiluoma wohl als nächste nominiert werden. Bei den Frauen ist die bekannteste Kandidatin mit einem Fragezeichen wohl die Schweizerin Selina Gasparin, die bei den Winterspielen 2014 Silber im 15 km Einzel der Frauen gewann. Sie liegt auf Rang 73 in der Weltcup-Wertung und ist bislang erst einmal, nämlich bei der Saisoneröffnung über die 15 km in Östersund, in die Punkte gelaufen. Ihre beiden Schwestern Aita und Elisa, die zu den letzten zwei Olympia-Kadern gehörten, liegen noch weiter hinten. Elisa trat letzte Woche im IBU Cup in Obertilliach an. In den ersten zwei Wochen 2022 wird sich der Nebel lichten, die Namenslisten für Peking werden sich füllen und die Spekulation über die Medaillen kann losgehen!
Photos: IBU/ Christian Manzoni, Evgeny Tumashov