„Nie aufgehört zu trainieren“
Vier Monate nach der Geburt ihrer Tochter nahm sich Braisaz-Bouchet kürzlich nach einem wie üblich hektischen Tag Zeit für ein Gespräch über Mutterschaft und Biathlon. Auch wenn sie ihr Trainingspensum jetzt wieder hochfährt, betont sie: „Ich habe im Grunde nie aufgehört zu trainieren. Ich habe mein Training in der Schwangerschaft anders konzipiert. Ich wollte mir den Wiedereinstieg einfacher machen. Ich habe aus reiner Faulheit weitertrainiert, damit das dann einfacher wird, und das hat gut funktioniert. Ich bin im Februar Ski gelaufen, viel spazieren gegangen und jogge jetzt wieder, trainiere also normal. Alles hat wirklich gut geklappt. Ich habe auch viel geschossen. Das mache ich gern, und ich habe in dieser Zeit gelernt, simpler zu schießen. Das war das Gefühl, das ich mir erarbeiten wollte und mit in den Sommer und die neue Saison nehmen will.“
„Liebe meine Tochter“
Wie bei allen jungen Müttern hat sich für Braisaz-Bouchet vor allem eines verändert. „Ich würde nichts anders machen. Ich liebe meine Tochter. Meine Tage sind sehr voll und der Tagesablauf ist jetzt anders. Manchmal ist es schwierig, alles in einem Tag unterzubringen, was ich machen will: mich um meine Tochter kümmern, trainieren, mich um mich kümmern. Aber meine Liebe für sie ist so groß und allumfassend, dass ich daraus auch Humor für diese hektische Zeit schöpfen kann.“ Zur Umstellung von der Rolle als reiner Athletin auf Mutter/Athletin in dieser Reihenfolge sagt sie weiter: „In den letzten vier Monaten habe ich so viele außergewöhnliche Tage erlebt. Sie wächst so schnell heran. Mein Tagesablauf hat sich verändert. Alles, was ich sonst noch mache, steht jetzt hintenan. Sie spielt in meinem neuem Leben als Mutter an jedem Tag die unbedingte Hauptrolle. Das ist ein ziemlich cooles Gefühl. Sie lächelt immer und bring mich zum Lächeln; sie ist wirklich ein so liebes Kind. Côme hat mir viele ganz einfache Dinge beigebracht, die ich in meinen Alltag übernehmen kann.“
Über den Winter ging ihr Biathlon nie ganz aus dem Kopf. Sie klebte an den Wettkampftagen vor dem Fernseher und ging über Weihnachten mit ihrer Mannschaftskameradin Anais Chevalier-Bouchet Ski fahren. „Mir haben die Wettkämpfe ein bisschen gefehlt, aber auf eine gute Art. Es war schön, aus dem Biathlonzirkus mal auszusteigen, alleine Ski zu laufen, so weit ich wollte, ohne Programm. Das habe ich ziemlich genossen. Aber ich habe trotzdem jedes Rennen geschaut, Männer, Frauen, Staffeln, und das war ganz schön emotional. Tief drinnen wollte ich unbedingt wieder dabei sein, im nächsten Winter, und eine von ihnen sein.“
Braisaz-Bouchet war beeindruckt von ihren jüngeren Mannschaftskameradinnen Sophie Chauveau und Lou Jeanmonnot, die in ihrer Abwesenheit glänzen konnten. „Sophie kenne ich nicht so gut, aber vor heimischem Publikum in Le Grand Bornand anzutreten, war ein großer emotionaler Höhepunkt, den sie gut gemeistert hat. Vor Lou habe ich großen Respekt. Sie arbeitet hart, und ihr Skitempo hat mich sehr beeindruckt. Ich wusste, dass sie gut schießen kann und habe mich sehr gefreut, dass sie es aufs Podest geschafft hat. Das war wirklich schön.“
Trainingsroutine
Was die Vorbereitung auf die neue Saison angeht, gesteht die 26-Jährige ein: „Ich stille, und das nimmt Tag und Nacht viel Zeit in Anspruch. Aber ich absolviere jeden Tag eine oder zwei Trainingseinheiten. Das kommt ganz drauf an. Ich will mir wirklich die Zeit nehmen, mich gut wieder einzuarbeiten. Ich höre mehr auf meinen Körper als früher. Mein Mann ist mir eine große Hilfe, macht mir meine Tage einfacher, insbesondere mit den Trainingseinheiten.“
Wenn sie darüber nachdenkt, wie sich ihre innere Haltung nach so langer Abwesenheit vom Sport verändert hat, sagt sie: „Ich habe das Gefühl, mich verändert zu haben. Mir geht es jetzt mehr darum, die einfachen Dinge zu genießen, die mir wichtig sind. Ich hänge mich nicht mehr so sehr an den Details auf.“
Fotos: IBU/Christian Manzoni, Justine Braisaz Bouchet