Du hast im letzten Winter in Canmore den fünften Sieg im Gesamtweltcup geholt. Und gleich gesagt, dass Ole Einar Bjoerndalen mit seinen sechs Gesamtsiegen das nächste Ziel ist. Stimmt das noch?
Ja, stimmt noch: Ich will den Gesamtweltcup gewinnen. Fünf Siege (bislang) sind gut, aber man muss das jedes Jahr versuchen. Also, das nächste Ziel sind die sechs Siege von Ole Einar. Ich will der meistdekorierte Biathlet werden, diese Herausforderung treibt mich an.
Du bist der einzige Athlet, der bei zwei aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften sieben von sieben Medaillen gewonnen hat, in Oberhof und Nove Mesto. Was braucht es, damit man zwei Wochen lang fokussiert und stark bleiben kann?
Es ist wichtig, dass man körperlich und mental wieder aufgetankt hat, bevor die WM beginnt. Wenn man die erste Medaille gewonnen hat, muss man das anerkennen und dann gleich wieder vergessen und sich auf das nächste Rennen konzentrieren. Und dann wiederholt man das zwei Wochen lang. Man kann es sich nicht erlauben, sich zurückzulehnen. Das ist nicht leicht, aber nur so geht das. Es Ich kann mich an meine erste Einzelmedaille bei Weltmeisterschaften erinnern (Kontiolahti 2015). Ich habe im Sprint gewonnen und war überglücklich. Ich habe mich entspannt. Und im Verfolger bin ich dann 31. geworden.
Sind 7/7 Medaillen wieder das Ziel in Lenzerheide?
Mit meinen Ansatz, bei dem ich die WM Rennen für Rennen nehme – und ich bin in allen Disziplinen ein Medaillenkandidat – ist bei den Weltmeisterschaften in Lenzerheide ein drittes Mal 7/7 das Ziel. Das ist nicht das Hauptziel für Lenzerheide. Aber wie wir gesehen haben, ist das mit meinem Ansatz möglich.
Du hast in Canmore gesagt, dass nur wenige Menschen verstehen, wie stressig es ist, den Gesamtweltcup zu gewinnen, weil man vier Monate lang immer am Ball bleiben muss. Was machst du, um dem Feld immer ein Stück voraus zu bleiben?
Ich weiß es nicht. Ich fühle mich als Athlet sehr stabil. Und ich verlange mir im Winter besonders viel ab und treffe immer die richtige Entscheidung. Das zahlt sich am Ende aus.
Hast du eine Antenne dafür entwickelt, wann du wieder einmal den Willen eines Herausforderers gebrochen hast?
Vielleicht ist es viel einfacher. Natürlich kommt es auch auf den Willen an, aber das Wichtigste ist, ein guter Athlet zu sein. Und darauf, viele Punkte zu gewinnen. Es gibt im Biathlon am Ende eine ganz einfache Wahrheit: Der beste Athlet gewinnt die Gesamtwertung.
Deine Familie scheint dir inneren Frieden, Kraft und Motivation zu geben. Wie bringst du dein Dasein als Champion mit der Rolle des Ehemanns und Vaters unter einen Hut, mal davon ausgehend, dass Wettkämpfe und das Leben zuhause eine unterschiedliche Einstellung erfordern?
Wenn ich zuhause bin, dann versuche ich, zu 100 % da zu sein, ganz bei meiner Familie. Und auch in den Wettkämpfen bin ich zu 100 % bei der Sache. Ich will nie zwischen den Stühlen sitzen. Dann ist man nirgends mit 100 % bei der Sache.
Haben dich andere Spitzensportler wie Roger Federer, Cristiano Ronaldo oder Michael Phelps inspiriert?
Das sind tolle Sportler, vor denen ich großen Respekt habe. Aber ich habe mich an Biathleten orientiert. Tarjei (JTs älterer Bruder), Ole Einar Björndalen, Emil Hegle Svendsen und Martin Fourcade sind meine Vorbilder. Ich bewundere sie sehr und habe hart gearbeitet – und tue das noch – um ihr Niveau zu erreichen und sie dann zu schlagen.
Sie können Energie und Fokus mobilisieren, wenn es darauf ankommt: Bei den großen Veranstaltungen und wenn es um den Titel im Gesamtweltcup geht. Wird ein Sieger von ihrem Format mit dieser Fähigkeit geboren, oder kann man das lernen?
Hm. Vielleicht kann man lernen, ein Sieger zu sein. Aber ich glaube, man wird vor allem als Sieger geboren. Das ist großartig. Also werde ich versuchen, weiter zu siegen.
Wer wird 2024/2025 dein größter Herausforderer sein?
Meine Mannschaftskameraden. Klar, die Schweden sind echt stark. Die Franzosen werden wieder aufholen. Die Deutschen sind gefährlich, wenn sie in Form sind. Aber wir haben es in der letzten Saison gesehen: Es sind die Norweger, die mich am meisten fordern werden.