Schlussläuferin Darya Domracheva aus Weißrussland besiegelte heute Abend in der Damenstaffel in 1:12:03,9 für das Team aus Nadezhda Skardino, Irina Kryuko und Dzinara Alimbekava die Goldmedaille. Für den Überraschungssieg brauchten die Weißrussinnen nur neun Nachlader und hatten am Ende 10,7 Sekunden Vorsprung vor den ebenso überraschenden Schwedinnen, die Silber holten. Für Frankreich mit vierzehn Nachladern und 17,6 Sekunden Rückstand gab es Bronze.
Erste Staffelmedaille für Weißrussland
Für Weißrussland war die Goldmedaille die erste olympische Medaille in einer Staffel überhaupt. Für Domracheva war es schon die vierte Goldmedaille ihrer Karriere: Vor vier Jahren hatte sie in Sochi dreimal Gold in Einzelrennen geholt. Bei den Winterspielen in Vancouver hatte es schon für Bronze im 15 km Einzel gereicht; im Massenstart holte sie in dieser Woche Silber, womit der Medaillenzähler für sie jetzt auf 6 steht.
Biathletin mit den meisten MedaillenDer weißrussische Star ist damit die Biathletin mit den meisten Medaillen in der Geschichte der olympischen Winterspiele. Sie sagte: „Es ist einfach umwerfend zu hören, dass ich jetzt die erfolgreichste olympische Biathletin bin... Das zeigt mir, dass mein Einstieg in den Biathlon damals die richtige Entscheidung war. Ich habe unterwegs viele Schwierigkeiten überwinden müssen. Aber Tage wie dieser und auch diese Medaillen zeigen wieder einmal, dass man an sich und seine Mannschaft glauben muss. Dann stehen einem alle Türen offen.“
Norwegen wurde mit drei Strafrunden, zwölf Nachladern und 29,7 Sekunden Rückstand Vierter. Platz fünf ging an die Slowakei mit einer Strafrunde, neun Nachladern und 38,4 Sekunden Rückstand, während die Schweiz sich mit sechzehn Nachladern und 43,5 Sekunden Rückstand nach einem Foto-Finish vor Polen Platz sechs sichern konnte.
Schnee, Wind und 192 Nachlader
Heute Abend gingen die Damen bei mäßigem bis starkem Schneefall an den Start, gepaart mit einem Wind, der die Athletinnen auf der Strecke bisweilen fast völlig im Schneetreiben verschwinden ließ. Am Schießstand ging zunächst nur leichter Wind, doch als der Schneefall stärker wurde, verwehte es eine ganze Reihe von Schüssen, was das Schießen verlangsamte und die Zahl der Nachlader und Strafrunden in die Höhe trieb. Als alle Läuferinnen im Ziel waren, waren insgesamt 192 Nachlader geschossen worden. Vom Start bis nach dem Liegendschießen lagen alle Starterinnen noch innerhalb von 39 Sekunden. Im Stehendanschlag, als Wind und Schnee zulegten, kamen schon nur noch fünf Mannschaften mit nur einem Nachlader durch. Lisa Vittozzi führte das Feld mit 7,6 Sekunden Vorsprung auf die USA an, dahinter folgten die Slowakei und Norwegen mit etwa 20 Sekunden Rückstand. Franziska Preuss hatte im Stehen zu kämpfen, brauchte alle drei Nachlader und musste in die Strafrunde. Mit einem Rückstand von einer Minute lang Deutschland beim Wechsel auf Denise Herrmann auf Rang 12, ein Rückstand, den das deutsche Quartett nicht mehr aufholen konnte.
Wierers Comeback
Die Olympiasiegerin im Massenstart Anastasiya Kuzmina kämpfte sich als zweite Läuferin an die Italienerin Dorothea Wierer heran. Bei Wind von rechts brauchten Kuzmina und Tiril Eckhoff je einen Nachlader, um alle Scheiben zu schließen, und gingen auf Position eins und zwei wieder raus. Wierer hingegen hatte zu kämpfen und fing sich zwei Strafrunden ein. Herrmann traf im Liegen alle fünf Scheiben und pirschte sich bis auf 46 Sekunden wieder heran. Im Stehendanschlag wirbelte der Wind alles durcheinander, und es artete beinah in einen Schießmarathon aus. Kuzmina wartete lange auf einen windstillen Moment, fiel aber doch mit einer Strafrunde zurück. Wierer hingegen, die nach dem Liegendanschlag 1:11 zurückgelegen hatte, setzte fünf Präzisionstreffer und stürmte als Führende davon, gefolgt von Kaisa Mäkäräinen, die mit zwei Nachladern durchkam, sowie der Weißrussin Irina Kryuko mit 7,9 Sekunden Rückstand. Die Finnin pulverisierte Wierer auf der Strecke und übergab auf Position 1 an Mari Laukkanen; 14,2 Sekunden dahinter folgte Italien und noch eine Sekunde später die Slowakei.
Starker WindBeim Liegendschießen der dritten Läuferinnen wehte der Wind nun stark von rechts und dann von vorn. Die Italienerin Nicole Gontier schaffte es als erstes aus dem Schießstand, brauchte aber alle drei Nachlader, während Poliakova mit einem auskam und mit Dzinara Alimbekava aus Weißrussland im Schlepptau als Zweite auf die Strecke ging. Hinter ihnen folgten die Schweiz und Laukkanen mit inzwischen 14,3 Sekunden Rückstand; Norwegen und Frankreich waren noch in Schlagdistanz. Bis zum Stehendschießen hatte der Schnee nachgelassen, der starke Wind jedoch nicht. Alimbekava konnte als erste alle Scheiben schließen und ging vor der Polin Krystyna Guzik mit einem Nachlader auf die nächste Runde. Die Slowakei lag noch auf Rang drei, allerdings mit 14 Sekunden Rückstand und acht Sekunden vor Gontier. Auf dem Weg zum Wechsel schwächelte die junge Weißrussin, und so setzte sich Guzik an die Spitze.
Domracheva übernimmt
Guzik übergab als Führende an ihre Schlussläuferin Weronika Nowakowska, 8 Sekunden danach übernahm Anais Bescond für Frankreich gefolgt von Federica Sanfilippo und Darya Domracheva mit 12,7 und 17,1 Sekunden Rückstand. Laura Dahlmeier ging auf Rang 11 mit 1:12 ins Rennen. Domracheva setzte fünf Treffer und war raus aus dem Schießstand. Bescond und Nowakowska gingen mit einem und zwei Nachladern 11,4 und 14,9 Sekunden hinter ihr auf die Strecke. Die Slowakei und Italien lagen weitere sechs Sekunden zurück, aber noch in Reichweite.
Ganz allein mit einem strahlenden Lächeln
Domracheva baute ihre Führung auf die Verfolger weiter aus und spurtete zum Stehendschießen, bei dem es um die Medaillenplätze ging. Die dreifache Olympiasiegerin von Sochi brauchte alle drei Nachlader, um die Scheiben zu schließen, und ging dann als Führende mit 24 Sekunden Vorsprung vor Bescond auf die Strecke. Nach fehlerfreiem Stehendschießen kam auch Hanna Oeberg aus dem Schießstand geflogen und holte Bescond im Nu ein. Sie zog an der französischen Veteranin vorbei und sicherte sich Platz zwei. Domracheva ging mit strahlendem Lächeln auf Goldkurs und schnappte sich eine weißrussische Fahne, die ihr noch vor der Ziellinie vom Stock rutschte. Ihr folgten auf dem Fuße die Schwedinnen und die Französinnen. Trotz Fahnenverlusts konnte Domracheva im Ziel nicht aufhören zu strahlen, als ihre Mannschaftskameradinnen sie in die Arme schlossen.
Skardinos perfekte Saison
Die Goldmedaille war für die weißrussische Startläuferin Skardino die zweite olympische Medaille. Sie hatte im 15 km Einzel in Sochi Bronze gewonnen. Von ihrem Sieg und ihrem Saisonverlauf war sie völlig überwältigt. „Ich bin überglücklich, weil ich mit meiner Staffel Olympiasieger geworden bin. Ich habe an sie und an unseren Erfolg geglaubt. So richtig glauben kann ich es vielleicht noch nicht, aber sicher dann in ein paar Stunden. Diese Saison ist einfach unglaublich. Ich habe eine Goldmedaille im Weltcup gewonnen, die kleine Kristallkugel und jetzt das... Das ist einfach der perfekte Abschluss für meine Saison!“
Erste Staffelmedaille für Schweden
Die Silbermedaille war für Schweden die erste Staffelmedaille überhaupt. Oeberg war außer sich vor Freude. „Diese Mannschaft hat jahrelang hart gearbeitet, und uns allen bedeutet das so viel, aber es ist vor allem toll, das mit allen teilen zu können. Es ist etwas ganz Besonderes!“
Frankreich hat bei drei der letzten vier Olympischen Winterspiele Medaillen mit der Staffel gewonnen: 2010 Silber in Vancouver, 2006 Bronze in Turin und heute noch einmal Bronze.Anais Bescond sagte: „Das ist ein echtes Happy End hier zum Abschluss, und das mit den Mädels in meinem Team teilen zu können... das ist der Wahnsinn...Für mich ist es die dritte (Gold mit der gemischten Staffel und Bronze in der Verfolgung), und die Bronzemedaille heute nach all der harten Arbeit ist wirklich klasse. Ich bin überglücklich; in Sochi bin ich zweimal Fünfte geworden, für mich sind es also wirklich fantastische Winterspiele, keine Frage.“