Ich erinnere mich vor allem an zwei Dinge bei meinem Sieg in Annecy: Erstens, das Rennen. Ich habe noch jede einzelne Sekunde davon im Gedächtnis und fühle noch immer, wie gut es damals lief. Zweitens natürlich das Publikum. Dazu waren auch Freunde und meine Familie vor Ort, was die Emotionen umso schöner gemacht hat.
Die ersten zwei Weltcupstationen des neuen Winters haben einige Erkenntnisse gebracht. Es ist eine nacholympische Saison, sodass naturgemäß viele neue Gesichter am Start sind.
Vor allem bei den Frauen haben einige viel versprechende Athletinnen auf sich aufmerksam gemacht, dazu haben sich andere wie Lisa Vittozzi eindrucksvoll zurückgemeldet. Besonders fallen mir allerdings viele junge Biathletinnen auf, die im vergangenen Winter noch im IBU-Cup gestartet waren, darunter zum Beispiel Lou Jeanmonnot oder Rebecca Passler. Weiterhin hat das Fehlen der Teams aus Belarus und Russland die Dynamik der Wettkämpfe verändert. Zudem fehlen mit den pausierenden Norwegerinnen Tiril Eckhoff und Marte Olsbu Røiseland die letzten beiden Gewinnerinnen der Weltcup-Gesamtwertung. Das gibt anderen Athletinnen die Möglichkeit, ihre Ziele neu zu justieren und nach Höherem zu streben.
Meine Teamkollegin Julia Simon hat bisher eine beeindruckende Saison abgeliefert. Ihre Trefferquote am Schießstand beträgt aktuell 95 %, was herausragend ist. Sie zeigt sich zudem sehr konstant in ihren Leistungen. Das ist für mich der Hauptgrund, warum sie die Weltcup-Gesamtwertung aktuell anführt.
Bei den Männern hat sich hingegen nicht allzu viel geändert, auch wenn einige Youngster wie David Zobel oder Niklas Hartweg mit guten Ergebnissen aufhorchen ließen. Am bemerkenswertesten ist für mich, dass Johannes Thingnes Bø zu seiner Bestform zurückgefunden hat. Es freut mich sehr, ihn so zu sehen. Läuferisch scheint ihm niemand gewachsen zu sein, das ist nach einigen Rennen bereits deutlich geworden. Doch jede Strecke ist anders und Faktoren wie die Schneebedingungen oder die Wettbewerbe an sich können großen Einfluss nehmen. Daher werden die anderen auch noch ihre Chancen gegen den Norweger haben. Doch dazu müssen sie möglichst fehlerfrei am Schießstand bleiben. Jedes Rennen bietet eine neue Chance, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Wenn ich den Verfolgern einen Rat geben sollte, dann den, dass sie immer an sich glauben und es immer wieder neu versuchen müssen.
Quentin Fillon Maillet ist nach seinem überragenden letzten Winter und dem Gewinn der Weltcup-Gesamtwertung etwas schwer in Schwung gekommen. Ich denke, eine Saison wie die letzte kostet sehr viel Energie. Du musst dich sehr genau kennen, um körperlich und mental auf absolutem Top-Level zu bleiben. Mein Rat für ihn ist einfach: Keep calm and carry on – ruhig bleiben und weitermachen.
In dieser Woche sind in der Biathlonfamilie alle Augen auf das Bergdorf Le Grand-Bornand gerichtet. Dieser Ort ist einmalig, vor allem für die Franzosen. Um hier erfolgreich zu sein, muss man die richtige Balance zwischen dem eigenen persönlichen Fokus und der Energie von den Leuten an der Strecke finden. Die Fans hier sind verrückt und pushen in der Loipe enorm, was vor allem für das französische Team ein ECHTER VORTEIL sein dürfte.
Für mich macht das Publikum den großen Unterschied von Annecy – Le Grand-Bornand aus. Es gibt dem gesamten französischen Team einen echten Schub. Alle geben ihr Bestes, um ganz vorn zu landen – das Wachsteam, der gesamte Betreuerstab, die Hoteliers, einfach alle. Das hilft, um voll und ganz im Moment zu bleiben und in dieser ganz besonderen Woche in den französischen Alpen das Beste aus sich herauszuholen. Wir dürfen uns auf vier fantastische Wettkampftage freuen.