Vom Athleten zum Coach: Moravec neuer Trainer in Tschechien

Vor drei Jahren hing einer der erfolgreichsten tschechischen Biathleten aller Zeiten sein Gewehr an den Nagel. In der Folge genoss Ondřej Moravec seine Zeit als Vater, arbeitete bei den Weltmeisterschaften in Tschechien als TV-Experte, entdeckte neue Sportarten für sich und startete ein erfolgreiches Projekt zur Sportförderung bei Kindern und Jugendlichen. Nun kehrt er in den Biathlon-Zirkus zurück – als Trainer des tschechischen Nationalteams der Männer.

Biathlonworld: Hallo Ondřej, wie hast du die Zeit zwischen dem Ende deiner Profikarriere und dem Angebot des tschechischen Verbandes, als Trainer in den Biathlon zurückzukehren, verlebt? Was hast du besonders genossen?

Ondřej Moravec: Es waren drei aufregende Jahre, in denen ich letztlich gespürt habe, dass etwas Neues auf mich wartet. In dieser Zeit habe ich zusammen mit einem Freund, mit dem ich oft wandern war, ein Projekt initiiert, dass den Sport des Skibergsteigens in den Schulen fördert. Das war ziemlich erfolgreich. Es war eine neue Herausforderung für mich, da meine Berufserfahrung bis dahin auf den Profisport begrenzt war. Bei der Arbeit habe ich gemerkt, dass die Regeln nicht überall so streng wie im Profisport sind. Daran musste ich mich erst gewöhnen, aber habe mich dann gut angepasst. Skibergsteigen war schon immer eine Leidenschaft von mir. Als mich mein Freund fragte, ob ich dabei bin, habe ich die Chance sofort ergriffen.

BW: Kannst du dieses Projekt etwas näher beschreiben?

OM: Im Grunde genommen hat das Projekt zwei Aspekte: Einer davon ist die Ausbildung von Trainern durch spezielle Kurse, in denen sie die nötigen Fähigkeiten und Kompetenzen erwerben, um Schülerinnen und Schülern sichere Skitouren anzubieten. Dabei lernen sie die Grundlagen für Anstiege und Abfahrten, vor allem aber geht es auch um das Thema Sicherheit im Schnee. Dieses Wissen ist bei Winterwanderungen ebenfalls sehr nützlich.

Der zweite Aspekt ist es, das Skibergsteigen den Schülerinnen und Schülern näherzubringen. Zunächst erhalten sie eine theoretische Wissensgrundlage, dann geht es auf Skiern raus in den Schnee. Dabei lernen sie, wie sie mit Fellen Anstiege meistern und natürlich wieder vom Berg runterfahren können. Viele Jugendliche sind überrascht, wozu sie in der Lage sind. Anfangs sind einige noch schüchtern, aber dann macht es ihnen Spaß und sie haben richtig Freude an dieser Sportart, die etwas anders als Winterwandern, Schneeschuhlaufen oder Skilanglauf ist.

BW: Wirst du dieses Projekt auch als Nationalcoach weiterverfolgen?

OM: Als Mitbegründer und Vorsitzender des Verbandes möchte ich weiterhin am Projekt beteiligt bleiben, werde meine Anwesenheit bei den Veranstaltungen allerdings reduzieren. In den vergangenen beiden Jahren war ich bei nahezu allen Kursen dabei. Künftig werden andere meine Rolle übernehmen.

BW: Anfang des Jahres hast du am Vasaloppet – dem berühmten Wasalauf – teilgenommen. Wie war das für dich und lässt sich diese Erfahrung mit einem Biathlonwettkampf vergleichen?

OM: In gewisser Weise ist es schon vergleichbar, aber mein Ziel beim Wasalauf war einfach, anzukommen. Ich wollte die Strecke innerhalb von sechs Stunden schaffen, was ich knapp verfehlt habe. Aber die Erfahrung war unglaublich. Im Gegensatz zu früher hatte ich keinerlei Wettkampfdrang bei dem Lauf, das hat mich fast überrascht. Ich wurde ständig von anderen überholt und bin einfach mein eigenes Tempo gelaufen. Nach 70 Kilometern hatte ich ein paar Probleme, aber zum Glück war es nicht zu schlimm. Wir waren mit der ganzen Familie vor Ort und sind eine Woche vor dem Start angekommen. So konnten die Kinder den Schnee in vollen Zügen genießen, da es in meiner Heimat in Letohrad in diesem Winter fast nicht geschneit hatte.

BW: Nun zu deiner neuen Aufgabe: Was waren deine ersten Eindrücke als Trainer der tschechischen Biathleten?

OM: Es war großartig, gleichzeitig aber auch ungewohnt. Ich kenne das Umfeld gut, hatte allerdings andere Erwartungen. Die größte Herausforderung war der Generationsunterschied. Einige Athleten sind 20 Jahre jünger, das macht schon etwas aus. Ich versuche, mich in sie hineinzuversetzen, um sie besser motivieren und leiten zu können. Sie wissen zwar, was sie wollen und wie sie trainieren sollen, doch es geht vorrangig um ihren Mindset.

Mit den letzten beiden Saisons können wir nicht zufrieden sein. Da gab es vor allem im Schießen Luft nach oben, was schon seit Längerem ein Problem ist. In diesem Jahr legen wir den Fokus ganz stark auf die Skitechnik. Dabei arbeiten wir eng mit dem norwegischen Experten Per Torvik zusammen und ich bin begeistert davon. Nach den Sommerbiathlon-Weltmeisterschaften haben wir den Fokus mehr aufs Schießen gerichtet, daher werde ich in den nächsten Trainingslagern mehr Zeit am Schießstand verbringen.

BW: Apropos: Du hast vor Kurzem in Otepää an deinen ersten Sommerbiathlon-Weltmeisterschaften als Trainer teilgenommen. Warst du aufgeregt?

OM: Überraschenderweise nicht. Vor dem ersten Wettkampf habe ich meinen Schützlingen gesagt, dass sie die Sache ernst nehmen sollen, schließlich ist eine Sommer-WM auch eine Weltmeisterschaft. Das ist kein Ort für irgendwelche Experimente. Gleichzeitig habe ich sie ermutigt, die Sache zu genießen und als Sprungbrett für die Zukunft zu nutzen. Die Hälfte der Mannschaft hat sich gut geschlagen und ist zufrieden nach Hause zurückgekehrt, die andere Hälfte hatte eine schwierige Zeit. Aber das gehört zur Realität als Trainer dazu: Es ist schwer, dass es für alle auf einmal gut läuft. Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, das gesamte Team zu stärken und besser zu machen.

BW: Werfen wir einen Blick voraus: Was sind die Ziele für die anstehende Saison?

OM: Alle Athleten im Team haben gezeigt, dass sie das Potenzial für eine erfolgreiche Karriere haben. Doch ich sage gern, dass es nur drei Plätze auf dem Podium zu vergeben gibt und dass es extrem hart ist, das dafür notwendige Leistungsniveau zu erreichen. Mein Fokus liegt aktuell voll und ganz darauf, die Trefferquote am Schießstand zu erhöhen und Schritt für Schritt konstanter zu werden. Erst wusste ich nicht so richtig, wie wir das am besten angehen sollten. Aber sobald man den Prozess dahinter versteht, wird das der Schlüssel zum Erfolg.

Fotos: IBU / Manzoni, Ondřej Moravec

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