Vanessa Voigt war ohne Frage die Aufsteigerin schlechthin der IBU Cup Saison 2020/21. Mit einem Hattrick in Sprint, Verfolgung und dem Einzel in Osrblie katapultierte sie sich zum Gesamtsieg im IBU Cup und Siegen in den Verfolgungs- und Einzelwertungen des IBU Cups.
Der Erfolg im IBU Cup bescherte Voigt den Aufstieg in den deutschen 1A-Kader, wo sie nun mit Denise Herrmann und Co trainiert und lernt, worauf es ankommt, wenn man regelmäßig im BMW IBU Weltcup starten will.
Spaß beim Langlauf, Wechsel zum Biathlon
Schnurgerade war Voigts Weg in den 1A-Kader und zu drei Kristallkugeln allerdings nicht gerade, sondern nach dem Einstieg mit 10 Jahren eher holprig. „Als ich mit dem Langlauf anfing, ging es nur um den Spaß und darum, mit Freunden draußen zu sein. Da ging es nicht um den Wettkampf, aber mit der Zeit wuchs mein Interesse, und ich bin auf die Sportschule in Oberhof gegangen. Ich habe die Biathleten am Schießstand gesehen und dachte, dass das cool und spaßig aussieht. Das Langlauftraining war sehr langweilig geworden. Also habe ich mir gesagt, „Dann wechsle ich mal“. Wenn sie an die Anfänge zurückdenkt, muss sie lachen, als sie sich an ihren ersten Biathlonwettkampf erinnert. „Das war ein bisschen frustrierend. Ich habe in einem Einzel zehn Fehler geschossen. Aber im Ziel war ich sehr zufrieden, weil meine Laufzeit richtig gut war, nur zwei Minuten Rückstand.“
Gesundheitliche Probleme kosten zwei Saisons
Auf diese anfängliche Frustration folgten in der Saison 2016/17 erste Erfolge, als Voigt es im IBU Juniorencup mehrfach aufs Podest schaffte, bevor sie die Saison mit Staffelsilber bei den IBU JJWM in Osrblie beendete. Der Erfolg war leider nur von kurzer Dauer, die Karriere kam ins Stocken. In den nächsten zwei Saisons konnte sie aus gesundheitlichen Gründen im internationalen Biathlon praktisch nicht antreten. „Ich war nicht so gut in Form. Rückblickend weiß ich jetzt, dass es im Grunde ein hormonelles Problem war. Mein Körper hat nicht so gut funktioniert. Ich war bei vielen Ärzten ohne eine Antwort zu finden, habe dann aber andere Medikamente gefunden und jetzt geht es mir gut. Athletinnen haben oft Probleme, und es gibt nicht so viele Ärzte, die helfen können.“
Nach einigen Jahren mit Wettkämpfen auf niedrigerem Niveau war die kurze, intensive IBU Cup Saison 2020/21 eine Herausforderung für die 23-Jährige. „Diese dreiwöchigen Wettkampfblöcke waren sehr hart für mich, vor allem der erste mit zwei Wochen in Arber und dann den IBU Offenen Europameisterschaften. Ich war in den zwei Jahren davor ein paar Rennen gelaufen, aber man hat mich in den Ergebnislisten nicht gesehen, weil ich so schlecht war.“
Hattrick in Osrblie
Der zweite dreiwöchige Wettkampfblock war der Wendepunkt für Voigt, angefangen in Osrblie, dem Austragungsort an dem sie 2017 ihre einzige IBU JJWM-Medaille hatte gewinnen können. Am ersten Wochenende gewann sie das Doppel aus Sprint/Verfolgung und verfehlte bei 30 Schuss nur einmal. Am Mittwoch danach sicherte sie sich mit weißer Weste den Hattrick in Osrblie mit einem Sieg im Einzel, nur 6,9 Sekunden vor Mannschafskameradin Hanna Kebinger. „Das war etwas ganz Besonderes für mich, weil man jedes Rennen wieder neu angehen muss, vor allem das Einzel. Man muss ruhig bleiben und sein eigenes Ding machen. So viele hintereinander zu gewinnen war wichtig um zu zeigen, dass das nicht nur Glück war! ... Ich war in diesen Wochen körperlich nicht in Bestform, aber im Kopf war ich so stark, dass es mir leichtgefallen ist. Und ich hatte das Gefühl, dass mir dieser Ort (Osrblie) einfach liegt.“
In diesen drei Wochen kämpfte Voigt sich an die Spitze der IBU-Cup-Gesamtwertung vor und sicherte sich die IBU-Cup-Disziplinsiege im Sprint und Einzel.
„Schießen ist ein Stück weit Talent“
Ihren Erfolg verdankt Voigt vor allem ihren Schießkünsten. In den letzten acht Wettkämpfen der IBU-Cup-Saison fanden von 110 Schüssen alle bis auf acht ihr Ziel, eine Trefferquote von 93 %. „Schießen ist ein Stück weit Talent, aber man kann jeden Tag daran arbeiten. Die guten Schießergebnisse in diesem Jahr kamen vielleicht auch durch eine achtwöchige Schießpause. Manchmal hat man nach einer Pause vom Schießen einen ganz neuen Fokus. Ich glaube, das war in diesem Jahr entscheidend.“
Mannschafskameradinnen/Vorbilder: Maren und Denise
Mit ihren herausragenden Leistungen im IBU Cup verdiente sie sich einige Starts im BMW Weltcup zum Saisonende und ein Startrecht in Östersund im kommenden Dezember. Am wichtigsten war jedoch der Aufstieg in den 1A-Kader und das anspruchsvollere Trainingsumfeld. „Es ist richtig cool, zum Team zu gehören. Ich freue mich, dabei zu sein, weil man die ganze Zeit sieht, warum sie auf Top-Niveau laufen und wie man trainieren muss.“ Sie erwähnt ihre zwei Vorbilder in der Gruppe. „Am Schießstand ist es Maren (Hammerschmidt) und beim Laufen Denise (Herrmann). Aber jede im Team hat ihre Stärken.“
Aufbautraining
Voigt hat mit Aufbautraining, Skigeschwindigkeit und Technik gleich mehrere Trainingsschwerpunkte für diesen Sommer. „Das alles, aber Aufbautraining ist vor allem wichtig, aber nicht so wie die anderen (in der Mannschaft). Ich will das nicht zu schnell angehen. Das muss ich Schritt für Schritt machen. Meine Skitechnik ist sehr wichtig, also arbeite ich jeden Tag daran. Am Schießstand muss ich an meiner Geschwindigkeit arbeiten, das ist sehr wichtig für mich.“
Das Ziel ist der BMW IBU Weltcup
Mit dem neuen Trainingsumfeld will Voigt die nächste Stufe der Karriereleiter erklimmen. „Mein erstes Ziel in der Trainingssaison ist es, gesund zu bleiben. Ich hoffe, dass der erste Weltcup in der nächsten Saison für mich nicht der einzige bleibt. Ich wäre gerne bei vielen Weltcups im Team, also ist mein Hauptziel für die nächste Saison, die ganze Saison über im Weltcupteam zu bleiben. Ich habe in drei BMW IBU Weltcuprennen in der letzten Saison gezeigt, dass ich mit jedem Rennen besser werde (Sprint NMNM 64., Sprint Östersund 57., Verfolgung Östersund 25.). Jedes Rennen ist eine neue Erfahrung und man lernt viel dazu.“
Zum Schluss noch ein paar Fakten zu Vanessa:
Das Erste, was ich nach Saisonende gemacht habe: „Nutella gegessen!“
Der perfekte Tag: „Im Bett mit Netflix.“
Belohnungsessen nach einer harten Trainingseinheit: „Spaghetti.“
Skiroller, Laufen oder Radfahren: „Rennrad.“
Wenn du keine Biathletin wärst, was wärst du dann: „Weiß ich nicht.“
Mein Biathlon-Vorbild: Johannes Thingnes Boe
Die meistgenutzte App auf meinem Handy: „Instagram.“
Abende sind für Filme, Freunde, Lesen, oder: „Essen.“
Vervollständige diesen Satz, Vanessa Voigt ist: „Hoffentlich eines Tages die neue Olympiasiegerin im Biathlon!“
Fotos: IBU/ Christian Manzoni, Harald Deubert, Vanessa Voigt