Mit seinem Sieg über die 20 km der Herren holte Johannes Thingnes Boe trotz zwei Fehlern in 48:03,8 die erste Biathlon-Goldmedaille für Norwegen bei diesen Olympischen Winterspielen. Erst in den letzten Minuten des Wettkampfs stand Johannes‘ Sieg endgültig fest. Der Silbermedaillengewinner Jakov Fak aus Slowenien griff zum Schluss mit fehlerfreiem Schießen und einer ehrgeizigen letzten Runde noch einmal an, ging aber mit 5,5 Sekunden Rückstand über die Ziellinie. Dominik Landertinger, ebenfalls ohne Fehler, gewann mit 14,2 Sekunden Rückstand Bronze.
Erste olympische Medaille, „Großartig“Johannes’ Goldmedaille war seine erste olympische Medaille. Er wurde der vierte Norweger bei den letzten fünf Olympischen Winterspielen, der die 20 km gewinnen konnte. Halvard Hanevold gewann 1998, Ole Einar Björndalen 2002 und Emil Hegle Svendsen 2010. Johannes fand kaum Worte für seinen Sieg. „Es ist ein fantastisches Gefühl, mit einem Wort: Großartig, aber alle anderen tollen Worte passen genauso.“
Platz vier ging an den Silbermedaillengewinner aus der Verfolgung, Sebastian Samuelsson aus Schweden, mit einem Fehler und 29,1 Sekunden Rückstand. Der Franzose Martin Fourcade wurde mit zwei Fehlern und 42,4 Sekunden Rückstand Fünfter, während sich Benjamin Weger aus der Schweiz mit einem Fehler und 48,6 Sekunden Rückstand Platz sechs sichern konnte.
Gute Bedingungen; Fourcade dominantNachdem die Damen bei Tageslicht hatten antreten dürfen, waren für die Herren abends wieder Dunkelheit und Flutlicht angesagt. Die Bedingungen waren trotzdem weiter gut, die Temperaturen fielen unter den Gefrierpunkt und der Wind war weiter beherrschbar. Obwohl Arnd Peiffer, Lindström, Moravec und Erik Lesser vor ihm fehlerfrei geblieben waren, setzte sich Fourcade im ersten Liegendschießen mit routiniertem, bedachtem Tempo und fünf Treffern rasch an die Spitze des Klassements.
Immer mehr Fehler
Wie so oft blieben bei vielen, die im ersten Liegendschießen noch die Null geschafft hatten, im ersten Stehendschießen die ersten Scheiben stehen. Die Liste der 51 Namen mit null Fehlern war schnell auf weniger als ein Dutzend zusammengeschrumpft. Fredrik Lindström und Ondrej Moravec blieben jedoch ebenso wie Tarjei ohne Fehler. Johannes, der nach einem Fehler im ersten Schießen Boden gutmachen wollte, zog nach und schaffte den Sprung in die Top 6. Fourcade kam als nächster zum Stehendschießen. Diesmal schoss er schneller, aber ebenso souverän und verteidigte die Führung. Samuelsson mit Startnummer 51 zog mit dem französischen Star gleich und lag nach fünf Treffern im zweiten Schießen auf Rang zwei, knappe 8,9 Sekunden hinter dem Führenden. Fak, Nelin und Landertinger waren ihnen allerdings mit ebenfalls fehlerfreien Leistungen dicht auf den Fersen.
Spätstarter rücken nach
Beim zweiten Liegendschießen schrumpfte die Zahl der fehlerfreien Schützen weiter, doch Lindström und Moravec behielten eine weiße Weste. Johannes blieb auf Kurs und setzte sich mit der zweiten fehlerfreien Serie an die Spitze. Dann kam allerdings der Olympiasieger aus der Verfolgung an den Schießstand und traf erneut völlig unbeeindruckt alle fünf Scheiben. Er hatte alles im Griff. Kurz danach ging Tarjei zum Angriff über und schob sich nach ebenfalls fehlerfreiem Schießen mit 29,4 Sekunden Rückstand auf Rang zwei vor. Jesper Nelin mit der 61, Fak mit der 57 und Landertinger mit der 38 machten alle weit nach Fourcade und Tarjei mit fehlerfreien Schießen auf sich aufmerksam und belegten die Ränge zwei, vier und sieben.
Fehler für Johannes; Fak, Samuelsson und Landertinger treffen
Wie so oft forderte im letzten und entscheidenden Stehendschießen die Müdigkeit ihren Tribut. Lindström beendete seinen bis dahin perfekten Tag mit einer Strafminute, wie auch Moravec und Johannes. Das Tableau führte Johannes trotzdem weiter an. Lesser mähte seine fünf Scheiben im Nu um und war plötzlich wieder im Rennen. Fourcade wirkte konzentriert und sicher, als er an den Schießstand kam, verfehlte dann aber überraschend zweimal. Damit hatte er die Tür aufgestoßen; er ging mit 41,4 Sekunden Rückstand auf Johannes auf die letzte 4-km-Runde. Während der französische Star Jagd auf Johannes machte, hatte Weger sich nach einem frühen Fehler wieder vorgekämpft, traf fünfmal und ging 11 Sekunden vor Fourcade auf die letzte Runde. Landertinger blieb als Nächster fehlerfrei und lag 8 Sekunden in Führung. Samuelsson hatte eine Strafminute, war aber auf Rang vier vorn mit dabei. Dann blieb Fak fehlerfrei und ging 3,9 Sekunden hinter Landertinger auf die Runde.
Johannes wartet: Landertinger und Fak unterwegs Richtung PodestJohannes ging als Erster über die Ziellinie und übernahm die Führung. Nun musste er abwarten, wie der Rest des Felds sich schlägt. Fourcade versuchte nach den zwei Fehlern noch auf seinen norwegischen Rivalen aufzuholen, war aber chancenlos und lag eine Weile auf Rang zwei.
Der junge Norweger sagte: „Es war ein Geschenk von Martin, denn wenn er nur einmal verfehlt hätte, hätte er gewonnen. Aber manche machen halt zweimal einen Fehler, und andere lassen die letzten beiden stehen... Wir haben heute beide zweimal verfehlt. Ich war ein bisschen schneller als er, und das hat mir heute den Hals gerettet.“
Der wahre Kampf um die Medaillen spielte sich allerdings hinter ihm ab. Landertinger wurde auf den letzten 4 km langsamer, war aber schnell genug, um sich vor Fourcade zu setzen. Samuelsson kämpfte sich mit einer starken letzten Runde auf die Medaillenränge vor, doch Fak, der in Vancouver Bronze im Sprint gewonnen hatte, war noch unterwegs. Der Slowene kämpfte nach Kräften um den vordersten Platz, sprintete auf den letzten 100 Metern, fiel aber knapp hinter Johannes zurück, konnte sich dann trotzdem klar vor Landertinger platzieren, sodass Bronze nach Österreich und Silber nach Slowenien ging.
Nicht bei 100 %Trotzdem war Landertinger mit seinem Rennen zufrieden. „Auf der Strecke ist es für mich heute sehr gut gelaufen, auch wenn ich auf den Skiern noch nicht bei 100 % war. Deswegen habe ich mich zu 100 % auf mein Schießen konzentriert. Ich hatte tolles Material, hab die Null geschossen, und das auch noch schnell. Ich freue mich riesig über den Erfolg und die Medaille!“
Fak und Pyeongchang
Faks Aufstieg auf das olympische Podest war hart erkämpft. Seit er mit Bronze im 20 km Einzel an diesem Ort bei den IBU-Weltmeisterschaften 2009 seine erste Medaille gewonnen hatte, hat der Slowene sich mit einer ganzen Reihe von Erkrankungen und Verletzungen herumschlagen müssen. Seine schlimmste Verletzung waren ernsthafte Erfrierungen an seinen Fingern, die ihn 2011 fast den Abzugsfinger kosteten. Zuletzt hatte ihn eine Viruspneumonie ihn für die Hälfte der Saison 2015-16 und das gesamte letzte Jahr ausgeschaltet.
Fak war sich durchaus bewusst, was für eine enorme Leistung er da erbracht hatte. „Das ist wie im Märchen, aber da ist auch ein Traum in Erfüllung gegangen. In Sochi war ich vor den Spielen krank und dachte bis zum letzten Rennen, dass es für eine Medaille reicht, aber dann war ich 4. im Massenstart. In den letzten zwei Saisons habe ich dann kämpfen müssen, war krank. Das Comeback in dieser Saison war an und für sich schon ein Erfolg. Zu Beginn der Saison hatte ich ein paar gute Ergebnisse, aber dann lief es nicht mehr so. Die Medaille heute ist für mich eine riesige Genugtuung.“
Medaille 2009, Rücken-OP und 4. Olympia-MedailleWie Fak gewann auch Landertinger seine erste große Medaille hier in Pyeongchang bei der IBU WM 2009: Gold im Massenstart. Auch der Österreicher hat mit seiner Medaille Großes geleistet, wenn man bedenkt, dass er die erste Hälfte der Saison wegen einer Rücken-OP im November verpasst hatte. Er stieg in Oberhof mit einem 51. Platz im Sprint in die Saison ein. Jetzt, sechs Wochen später, hat er die vierte Olympia-Medaille gewonnen!
Der österreichische Veteran beschreibt seinen Weg: „Ich habe eine schwere Zeit hinter mir. Die ersten Probleme hatte ich vor eineinhalb Jahren, und im Herbst habe ich mich dann operieren lassen. Mir fehlen deshalb zweieinhalb Monate Training, und so richtig in Form habe ich mich nicht gefühlt. Jetzt ging es mir zum ersten Mal richtig gut, und ich habe das Gefühl, dass ich auf dem richtigen Weg bin... Es war ein tolles Rennen!“