Obwohl sein Team die gesamte Saison über starke Leistungen zeigte, wurde Lukas von den Weltcupergebnissen überrumpelt, als sich alle Augen auf Peking richteten. „Ich war überrascht über die vielen verschiedenen Erfolgserlebnisse. Ich habe auf Olympiamedaillen gehofft und daher nicht so viel Augenmerk auf den Weltcup gelegt. Und plötzlich kämpften wir bei den Damen und Herren um das Gelbe Trikot. Dass wir zu den stärksten Damenmannschaften gezählt haben, war keine Überraschung. Bei den Olympischen Spielen, als es darauf ankam und alle eine Medaille erwarteten, konnte man regelrecht sehen, wie die Mädels vom ersten Meter an dachten: ‚Heute holen wir Gold‘. Sie sind mit dem Druck gut umgegangen.“
Die Schweden konnten ihre Leistungen über die vergangenen Saisons immer weiter steigern und belegten in der Nationenwertung letztes Jahr die Plätze 4 (Herren) und 2 (Damen). „Wie haben eine tolle Mannschaft und ich bin nicht überrascht, dass es bei uns immer weiter aufwärts geht.“
Neben den Erfolgen gab es aber auch Enttäuschungen. Obwohl die schwedischen „Unglücke“ – wie im Fall von Hanna Oeberg – für andere Nationen bereits ein Grund zum Feiern wären. „Wir waren nicht zufrieden mit Hannas Saison. Läuferisch war sie sehr gut, aber ihre Trefferquote ist in den letzten zwei Jahren von 86% (Saison 2018/19) auf 79% (Saison 2021/22) gefallen. Dieses Jahr haben wir einen Schlussstrich gezogen. Hanna bekommt einen neuen Schaft, konzentriert sich mehr auf das Schießen und etwas weniger auf das Laufen. Es ist unser Ziel, ihr physisches Niveau zu halten und zurück auf das alte Schießniveau zu kommen. Dann ist sie in Bestform!“
Hanna war „sehr hungrig nach der letzten Saison. Sie war nicht zufrieden und wir auch nicht. Körperlich ist sie besser in Form als je zuvor. Sie muss am Schießstand nur wieder ihre Ruhe finden, denn sie zählt zu den besten Schützinnen im Weltcup. Wenn sie sich auf die Grundlagen besinnt, dann werden sich Hanna und Elvira kommende Saison um den Gesamtsieg streiten.“
Das Herrenteam zeigte sehr gemischte Leistungen. Das Highlight war Samuelssons großartige Saison und Martin Ponsiluomas Silbermedaille im olympischen Massenstart. Doch dann ging es bergab. „Die Herrenstaffel war eine große Enttäuschung. Wir haben nur einmal gezeigt, was wirklich in uns steckt, als wir Platz zwei in Kontiolahti belegten. Bei allen anderen Staffeln mussten wir in die Strafrunde.“
Über Ponsiluoma sagte Lukas: „Martin ist ein Weltmeister mit einer olympischen Silbermedaille, aber wir sind mit seiner Entwicklung noch nicht zufrieden. Seine Schießleistungen sind schwankend. Unser Ziel ist Stabilität am Schießstand. Dann macht er automatisch einen großen Schritt nach vorn. Wir wollen uns an diesen Plan halten und ihm nach den Medaillengewinnen Zeit geben. Dann kann er unter weniger Druck arbeiten. Bei Olympia und der WM Medaillen zu gewinnen, ist kein Glückstreffer. Mit ihm muss man bei allen Großveranstaltungen rechnen.“
Vor Peking lag Sebastian Samuelsson auf Rang zwei der Weltcupgesamtwertung und hoffte, seine Medaillensammlung von 2018 bestehend aus Gold und Silber noch erweitern zu können. „Sebbe war nicht 100% zufrieden mit Olympia. Wir wussten, die Höhenlage bereitete ihm Probleme. Er erzielte gute Ergebnisse, keine großartigen. Er und Martin belegten im Sprint die Ränge fünf und sechs. Das ist toll. Leider zählen bei Olympia nur Medaillen. Doch insgesamt war die Saison ein Schritt in die richtige Richtung, vor allem in Hinblick auf die Gesamtwertung. Wir sind uns 100%ig einig, dass es eine tolle Saison war.“
Lukas sagte über Samuelsson: „Sebbe ist vielleicht der verrückteste Athlet, den ich kenne. Er verbringt mehr Zeit auf seinem Rollerski-Laufband im Mai als andere in der gesamten Trainingssaison. Er ist so motiviert, dass man ihn manchmal zurückhalten muss. Wenn er seine Energie kontrollieren lernt, gibt es nicht viele, die ihn noch schlagen können.“
In diesem unglaublich talentierten Team gab es dennoch eine Athletin, die alle in den Schatten stellte: „Elvira war die größte Überraschung. Es ist einfach zu glauben, dass das, was sie gezeigt hat, normal ist. Aber die Leistungssprünge, die sie in den letzten drei Jahren gemacht hat, sind unglaublich. Zwei Medaillen bei den ersten Olympischen Spielen zu gewinnen, zeigt, dass sie mental (und physisch) stark ist. Sie hat ihre Kraft und Energie über die gesamte Saison gleichmäßig verteilt. Das war die größte Überraschung. Wir dachten, nach Peking würde sie einbrechen, aber sie war noch immer hungrig. Die meisten Leute realisieren nicht, dass das ihr erstes Jahr war, in dem sie wie die anderen Weltcupmädels trainiert hat.“
Elviras Herausforderung: „Sie zählt zu den größten Talenten im Biathlon. Jetzt muss sie auf ein stabiles Niveau während der gesamten Saison kommen. Ihre größte Herausforderung ist es, ihre mentale Einstellung zu behalten: Spaß zu haben und nicht so viel nachzudenken. Dann wir sie in den kommenden vier Jahren zumindest einmal die Weltcupgesamtwertung gewinnen.“
Trotz aller Erfolge gab Lukas zu, dass die Saison nicht perfekt war. Es gibt immer Luft nach oben. „Ich bin sicher, dass wir diese Saison toppen können. Wir sind noch nicht am Ende. Wir haben viele Athleten wie… Linn Persson. Ich warte auf den Tag, an dem sie der Welt zeigt, was sie kann. Ich hoffe, wir können ihr helfen, ihr volles Potential zu entfalten. Stina Nilsson ist langsam bereit, eine volle Biathletin zu werden. Ihr Podestplatz kam eine Saison zu früh laut meinem Plan! Regelmäßig unter den besten drei zu landen, wäre für dieses Jahr zu viel verlangt. Aber es ist ihr Ziel, unter die Top 4 oder 5 zu kommen. Und in der Staffel zu glänzen.“
Stinas Zukunft: „Wir sind sehr zufrieden mit ihrer Leistung. Sie ist entspannter als je zuvor und vertraut uns. Ich denke, in den kommenden vier Jahren können wir viel Gutes von ihr erwarten. Sie ist eine Topathletin.“
„Diese Saison hat unsere Einstellung verändert. Wir wissen, wir können nicht einfach weitermachen. Wir müssen es besser machen, um uns weiterzuentwickeln. Ich denke, jeder ist dafür bereit.“
Fotos: IBU/Christian Manzoni, Vianney Thibaut, Jerry Kokesh, Svenskt Skidskytte