„Das eiskalte letzte Schießen läuft wieder!“
Christiansen, der bis über beide Ohren grinste, war begeistert davon, wie es auf der Strecke und am Schießstand gelaufen war. „Was soll ich sagen. Ich hab mich richtig gut gefühlt und wollte meine körperliche Fitness auch nutzen, nicht nur gemütlich in der Gruppe mitlaufen. Ich habe mir ein hartes Rennen zurechtgelegt, weil es nicht einfach war, vornewegzulaufen und den Vorsprung zu halten. Das Schießen hat sich wie gestern richtig gut angefühlt, mit ein paar Jungs fünf oder zehn Sekunden hinter mir. ... Das eiskalte letzte Schießen läuft wieder!“
„Bestes Rennen meiner Karriere“
Die Schlussrunde war eine Genussrunde. „Die konnte ich wirklich genießen. Auf der ersten Hälfte habe ich mich ins Zeug gelegt und konnte so den Vorsprung halten. Ich habe gehört, dass Dale hinter mir lief, und vor seiner letzten Runde hatte ich natürlich gehörigen Respekt. Die letzte Hälfte war wieder traumhaft. Ich glaube, das war das beste Rennen meiner Karriere.“
Christiansens Mannschaftskamerad Johannes Dale wurde mit einem Fehler und 9,1 Sekunden Rückstand Zweiter. Dritter wurde der Franzose Eric Perrot mit ebenfalls einem Fehler und einer persönlichen Bestleistung 12,3 Sekunden hinter dem Führenden, nachdem er schon am Donnerstag im 20 km Einzel mit einem 6. Platz eine neue Bestmarke gesetzt hatte.
Perrot: „Eins, zwei, okay, ich bin wirklich Dritter“
Perrots hatte von seinem ersten Podestplatz in einem Einzelrennen schon oft geträumt, also genoss er den Moment. „Es ist unglaublich. Ich habe so oft davon geträumt, das ist mir wieder und wieder im Kopf herumgegangen. Das zu erleben und zu sehen, als ich ins Ziel kam, und die Menschen vor mir zählte! Eins, zwei, okay, ich bin wirklich Dritter. Das war unglaublich. Ich habe mir einfach ein paar Sekunden genommen um das einfach zu genießen.“
Der Tscheche Michal Krcmar schaffte mit einem Fehler und 16,2 Sekunden Rückstand einen Saison-Bestleistung auf Platz vier. Auch der Schweizer Sebastian Stalder schaffte mit 17,2 Sekunden Rückstand und dem fünften Platz eine Saison-Bestleistung. Der Norweger Aleksandr Fjeld Andersen komplettierte die Siegerehrung mit einer Bestleistung im Weltcup auf Platz sechs mit 28,1 Sekunden Rückstand. Alle drei schossen je einen Fehler.
Östersund zeigte sich beim letzten Wettkampf noch einmal von seiner besten Seite: -5 °C, noch mehr Sonne und kaum noch Wind, die perfekte Bühne für den Wochenabschluss. Einundzwanzig der dreißig Männer im Feld kamen ohne Fehler durch das erste Liegendschießen, allen voran Justus Strelow, gefolgt von einem norwegischen Geschwader aus AF Andersen, Sturla Holm Lägreid und Christiansen. Am langen Anstieg aus dem Stadion heraus setzte sich Christiansen von der großen Gruppe ab und gab ein horrendes Tempo vor.
Er erklärte: „Ich habe vom Start bis ins Ziel alles richtig gemacht. ... Ich habe versucht, am Anfang der zweiten Runde einen kleinen Sprint einzulegen, weil mir da keiner gefolgt ist, und so habe ich dann weitergemacht. Das Schießen ist in der Situation immer noch schwierig, aber ich glaube, ich habe alle Stehend-Treffer in die Liegendfläche gesetzt. Ich hatte es so gut im Griff, ich weiß nicht warum ... Ein perfekter Tag für mich.“
Christiansen hatte seine fünf Scheiben im zweiten Liegendschießen getroffen, bevor irgendjemand sonst zwei Treffer gesetzt hatte. Damit hatte er 10 Sekunden Vorsprung auf Lägreid und Johannes Kühn, die zusammen liefen. Elf Männer waren weiterhin ohne Fehler unterwegs und ihm dicht auf den Fersen.
Mit fünf weiteren Treffern im Stehen verteidigte der Norweger die Führung weiter. Lägreid tat es ihm gleich, lag aber acht Sekunden zurück. Kühn, Dale und Krcmar blieben alle ohne Fehler dreizehn Sekunden hinter ihm und duellierten sich um einen Platz auf dem Podest.
Gut in Position
Dale fühlte sich hier gut in Position. „Da war viel Bewegung drin; manche zogen vorbei und andere hielten sich zurück, um Körner zu sparen. Für mich waren heute die Skier supergut, also habe ich die Abfahrten gut nutzen können. Aber ich hatte das Gefühl, alles im Griff zu haben, und habe mir Kraft für das letzte Schießen und die letzte Runde aufgespart.“
Der Führende gönnte sich für den Aufbau des letzten Stehendanschlags ein paar Sekunden, mähte dann die letzten fünf Scheiben aber im Nu nieder, und damit auch alle Zweifel an seinem Sieg. Lägreid zerbröselte es hinter ihm mit zwei Fehlern; er fiel aus den Top sechs. Stalder, Perrot, Dale und AF Andersen kamen alle ohne Fehler durch und gingen alle mit rund 29 Sekunden Rückstand auf die Strecke, hinter ihnen Krcmar nach einer Strafrunde auf Aufholjagd.
Vetle hatte nichts mehr zu befürchten und lief entspannt ins Ziel, wo er die Siegerfaust gen Himmel reckte. Perrot und Dale setzten sich von der Gruppe ab und duellierten sich um Platz zwei, bis Dale sich auf der letzten Abfahrt absetzen und vor dem aufstrebenden französischen Star Platz zwei sichern konnte. Der Norweger wusste, dass das wehtun würde. „Diese Zweikämpfe machen immer Spaß ... und das war definitiv ein guter. Ich hatte fast schon Angst vor der letzten Runde. Ich habe Chancen aufs Podest und es wird unfassbar wehtun, Vollgas zu geben!“
Christiansens Selbstvertrauen
Christiansen nimmt aus diesen hervorragenden Rennen ein gestärktes Selbstvertrauen mit und ist bereit dafür, zum Saisonabschluss in Norwegen um eine weitere Kristallkugel im Massenstart zu kämpfen. „Selbstvertrauen kommt nicht aus dem Nichts. Man braucht gute Erfahrungen, und die habe ich in diesen letzten Wochen wirklich gehabt. Das ist ziemlich perfekt vor dem Holmenkollen. Ich dürfte jetzt für den Heimweltcup bereit sein. ... Dort werde ich das rote Trikot tragen. Das ist etwas Neues für ich. Ich habe nur einmal das gelb/rote Trikot getragen. Ich hoffe, das gibt mir zusätzliches Selbstvertrauen für den Kampf um diese zweite Kristallkugel des Jahres. Das wäre eine Zugabe, und ich hoffe, dass das klappt.“
Fotos: IBU/Christian Manzoni, Per Danielsson