Sechster Staffelsieg in Folge
JT Bø führte das norwegische Team, das im gesamten Vorjahr ungeschlagen geblieben war, zum sechsen Staffelsieg in Serie. Anschließend gab er zu Protokoll, dass ihm die Rolle als Schlussläufer gefiel: „Ja, ich konnte es genießen. Das Rennen war unter Kontrolle und der Vorsprung ziemlich groß. Trotz der zwei Fehler im stehenden Anschlag hatte ich keine Angst vor einer Strafrunde. Nach dem Liegendschießen war ich siegessicher. Allerdings hätte ich mir eine etwas bessere Show beim letzten Stehendanschlag gewünscht.“
Kämpferherz
Der Sieg war deswegen speziell, weil er einmal mehr untermauerte, dass es sich lohnt, immer bis zum Schluss zu kämpfen. „Heute war es schon besonders, weil wir mit einer Strafrunde gestartet sind. Das war natürlich denkbar ungünstig. Dann haben wir aber Sekunde um Sekunde aufgeholt. Das hat uns am Ende den Sieg gebracht. Wir haben großartigen Teamgeist gezeigt und bewiesen, dass es sich immer lohnt, bis zum Ende zu kämpfen.“
Gastgeber Deutschland verzückte die Fans mit einem tollen zweiten Platz. Das DSV-Quartett benötigte nur vier Nachlader und hatte im Ziel 20,1 Sekunden Rückstand auf Norwegen. Rang drei ging bei einem Rückstand von 55,6 Sekunden an Frankreich (sieben Nachlader, eine Strafrunde).
Auf den vierten Rang kam nach 15 Nachladern und einer Strafrunde bei einem Rückstand von 1:49,3 Minuten Schweden. Italien erkämpfte sich nach zehn Nachladern den fünften Platz (1:56,8 Minuten zurück). Die Ukraine feierte 2:06,8 Minuten hinter den Siegern mit Platz sechs ihre Saisonbestleistung.
Einmal mehr waren die Temperaturen mit +5 °C eher mild und der Himmel zeigte sich bewölkt. Dazu wehte für die 21 teilnehmenden Herrenteams ein moderater Wind über den Schießstand von Ruhpolding. Durch die warme Witterung blieb die Strecke weich, vor allem an den Anstiegen. Lægreid kontrollierte in der ersten Runde das Tempo, brachte fünf Schuss sicher ins Ziel und zog von dannen, doch knapp vor ihm ging der ebenfalls fehlerfreie Franzose Eric Perrot zurück auf die Runde. Perrot blieb auch stehend fehlerfrei, während sich der Norweger eine Strafrunde einhandelte und mit 41 Sekunden Rückstand auf Rang 16 zurück in die Loipe ging.
Norwegens Startläufer sagte: „Ich glaube, ich habe dem Feld nicht den nötigen Respekt gezollt. Ich bin die ganze Zeit an der Spitze gelaufen und habe dadurch vielleicht zu viel Energie verbraucht. Bei dem Publikum und all dem Adrenalin spürt man keine Müdigkeit. Als ich dann an den Schießstand kam und die Ziele anvisieren wollte, ging mir die Kontrolle verloren. Langsam wird es zur schlechten Gewohnheit, dass ich im Stehendanschlag in der Staffel Zusatzpatronen benötige. Daran muss ich arbeiten. Glücklicherweise waren meine Teamkollegen voll auf der Höhe und konnten die Scharte auswetzen.“
Beim ersten Wechsel übergab Perrot seinem französischen Kollegen Fillon Maillet ein Polster von 10 Sekunden. Lægreid konnte auf den letzten 2,5 km keine weitere Zeit gutmachen und schickte Tarjei Bø mit 40,7 Sekunden Rückstand als Zehnten in die nächste Runde. Fillon Maillet zeigte sich souverän und baute den Vorsprung auf zunächst 17 Sekunden aus. Dabei hatte er mit den fünf Scheiben liegend keinerlei Probleme und ging mit einem Polster von 12 Sekunden vor Österreich, Schweden und Deutschland mit Johannes Kühn zurück auf die Strecke. Stehend benötigte Frankreichs Ass eine Nachladepatrone und ging mit 18 Sekunden Vorsprung in die Loipe zurück. Deutschland lag zu diesem Zeitpunkt auf dem dritten Rang, Norwegen schob sich auf Position fünf nach vorn.
Fillon Maillet gab Guigonnat 13, 16 bzw. 17 Sekunden auf die nachfolgenden Teams aus Finnland, Deutschland und Österreich mit auf den Weg. Tarjei Bø konnte die Lücke nach vorn dabei auf 34 Sekunden verringern. Im nächsten Abschnitt lieferten sich Benedikt Doll und Christiansen einen harten Fight und holten vor dem Liegendanschlag Zeit auf Antonin Guigonnat auf. Alle drei Athleten zeigten fehlerfreie Serien, wobei die Abstände auf 2,1 bzw. 9,2 Sekunden dahinschmolzen. Beim Stehendanschlag waren alle drei nahezu gleichauf. Christiansen schoss sehr schnell, traf vier Scheiben, brauchte dann aber einen Nachlader für die fünfte. Dennoch reichte das zur Führung, da auch Doll nachladen musste und sich hinter dem Norweger einreihte. Guigonnat hingegen musste in die Strafrunde und fiel auf den vierten Platz zurück.
Guigonnat war nach der Strafrunde froh über den Trost seines Teamkollegen Fillon Maillet. „Früher konnte Quentin ziemlich sauer werden, wenn ein Teamkollege nicht traf. Direkt nach dem Rennen war er zwar enttäuscht, aber mit zunehmendem Alter wird er weiser. Er begegnete mir mit einem Lächeln und sagte, dass so etwas jedem Biathleten einmal passiert. Das war eine nette Geste von ihm.“
Doll gab auf der Strecke alles, um vor Christiansen zu kommen und setzte sich vorm Wechsel an die Spitze, sodass er Roman Rees mit 0,2 Sekunden vor JT auf den letzten Abschnitt schickte. Christiansen meinte im Anschluss: „Ich war kaputt. Ich bin heute auf Position drei gestartet, die sonst Johannes übernimmt. Ich bin ziemlich hart angelaufen, um die Lücke zu Deutschland zu schließen. Auch im Liegendanschlag war ich im Angriffsmodus und hatte auf meiner zweiten Runde immer noch ein paar Sekunden gutzumachen. Die Runde war dann ganz schön hart. Ich hatte die Sorge, dass meine Beine im Stehendanschlag zittern würden. Zum Glück blieb ich stabil und war weiter auf Attacke eingestimmt. Die letzte Runde war für mich dann allerdings die Hölle.
Guigonnat kämpfte sich wieder nach vorn und schickte Fabien Claude mit 37 Sekunden auf den vierten Abschnitt. An der Spitze übernahm JT Bø sofort das Kommando und hatte bis zum Liegenschießen bereits 16 Sekunden Vorsprung herausgelaufen. Am Schießstand blieb er fehlerfrei, sodass er 26 Sekunden vor Rees und 1:19 Minuten vor Claude auf die nächste Runde ging. Stehend ließ JT mit zwei Nachladern noch einmal etwas Spannung aufkommen, wenngleich sein Polster auf der Schlussrunde immer noch 26 Sekunden betrug. Der norwegische Schlussläufer konnte den letzten Durchlauf sichtlich genießen und winkte bereits den Fans. Als er ins Stadion einlief, schnappte er sich eine norwegische Flagge und schritt dann gemächlich über die Ziellinie, während er mit breitem Grinsen den Fans applaudierte. Hinter ihm kamen Deutschland und Frankreich auf die Plätze zwei und drei.
Roman Rees, der als Führender auf den vierten Abschnitt ging, spürte Druck, genoss aber jeden Augenblick. „Ich war wirklich nervös, konnte das Heimpublikum aber sehr genießen. Am Ende war es eine Mischung aus Nervosität und Spannung. Es war ein wirklich schöner Tag. Der zweite Platz fühlt sich für uns wie ein Sieg an, daher sind wir alle happy. Es war super, zusammen mit den Teamkollegen und den Heimfans zu feiern.“
Fotos: IBU/Christian Manzoni, Igor Stančík