Said Karimulla Khalili aus Russland betreibt gerade einmal seit sechs Jahren Biathlon. Doch seit seinem internationalen Debüt bei der Jugendolympiade 2016 in Lillehammer ist er bereits zum Nachwuchsstar avanciert und hat Medaillen in allen Ligen gewonnen. In dieser Saison stand er gleich bei seinem ersten Rennen bei den IBU Weltmeisterschaften auf dem Podium und war Startläufer der der Männerstaffel, die Bronze gewann.
Vom Tennis zum Biathlon
Der 22-Jährige wurde der Region um Moskau geboren und lebte dort zusammen mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester. Im Nordosten von Moskaus Innenstadt betrieb er im Alter von 14 Jahren Tennis. „ich war gar nicht mal so schlecht, aber jetzt habe ich keine Zeit mehr dafür.“ Denn nun dreht sich sein Leben um Biathlon. Zwischen Tennis und Biathlon betrieb er erst einmal zwei Jahre lang Langlauf. „Dann hatte ich die Chance, Biathlon auszuprobieren. Mein Trainer sagte, ich sollte es versuchen. Ich fand es interessanter als reinen Langlauf. Doch in meiner Heimatstadt in der Moskauer Region Biathlet zu sein, war nicht einfach. Wir haben dort keine Biathlonschulen. Darum habe ich meistens nur Skilaufen trainiert… Wir haben im ganzen Gebiet auch nur zwei Schießstände… Aber ich hatte Glück, als ich meine Biathlontrainerin Elena Agarakova traf. Sie trainiert mich immer noch und wohnt nur 14 km von mir entfernt… Auch ein Schießstand ist jetzt in der Nähe.“
JOS: Der Anfang
Die Saison 2015/16 war Khalilis Durchbruch. Er wurde für seinen ersten internationalen Wettkampf ausgewählt und holte sich gleich Verfolgungsbronze bei der JOS. „Vor dieser Saison war ich kein guter Biathlet. In diesem Sommer entschied ich, viel Zeit am Schießstand zu verbringen. Die Saison war sehr wichtig für mich. Die JOS waren mein Ziel. Nur zwei Athleten aus jedem Land werden dafür ausgewählt. Ich wusste also, dass es schwierig werden würde. Als ich das Ticket für Lillehammer bekam, war ich überglücklich. Und als ich dort meine erste Medaille gewann, war das der Beginn meiner Karriere. Danach habe ich bei der Jugend- und Junioren-Weltmeisterschaft viele weitere Medaillen gewonnen.“
Verfolgungs- und Staffelfan
Khalili stand sowohl im Sprint als auch in der Verfolgung bei der IBU JJWM und den IBU Cups auf dem Treppchen, doch er hat einen klaren Favoriten. „Die Verfolgung, denn es ist ein Kontaktrennen. Es ist interessanter, denn man kann jemanden jagen und einholen. Es ist keine einfache Disziplin, aber spannend – nicht nur für die Athleten, sondern auch für die Zuschauer.“
In seiner Karriere hat der junge Russe bisher seine größten Erfolge in der Staffel gefeiert: Dreimal Gold bei der IBU Junioren-WM und vor kurzem erst Bronze in Pokljuka. Meistens wird er als Start- oder Schlussläufer besetzt. „Ich mag beides, bin aber am liebsten Schlussläufer. Im Weltcup herrscht ein sehr hohes Niveau und wir haben einige stärkere Athleten als mich im Team. Die Position als Startläufer ist also das Beste für mich. Ich mag den Kampf jeder gegen jeden dort.“
Ruhig in Pokljuka
Natürlich war es eine besondere Erfahrung für ihn, Startläufer bei seiner ersten IBU WM-Staffel z sein. Aber es beeindruckte den jüngsten Teilnehmer in Pokljuka nicht allzu sehr. „Ich war nicht nervös. Keine Ahnung, warum. Wir haben viel in Pokljuka trainiert. Es war fast wie zu Hause. Ich habe auch ein paar Rennen vor der Staffel bestritten. Der Einzel lief wirklich gut. Ich war gut in Form und wusste, dass die erste Runde mir keine Probleme bereiten würde. Also war ich nicht nervös.“
Viermal Null
Auch seine fehlerfreien Schießeinlagen bei seinem sechsten Platz im Einzel über 20 km überraschten ihn nicht. „Das Ergebnis war eine Überraschung, aber nicht die vier Nullergebnisse. Das habe ich auch schon bei den Europameisterschaften geschafft. Ich habe mir einfach gesagt, dass ich das noch einmal schaffen kann. Bei der EM lag ich mit viermal Null nur auf Rang vier. Daher dachte ich, dass ich es bei der WM nicht unter die besten Zehn schaffe. Aber ich war gut in Form und konnte mir einen tollen sechsten Platz erkämpfen.“
Weltcup-Lektionen
Obwohl Khalili bereits einen sechsten Platz und eine Bronzemedaille bei der IBU Weltmeisterschaft vorweisen kann, ist er noch ein Newcomer. Bei seinen 19 Starts hat er bereits viel Erfahrung sammeln können. „Renneinteilung war meine wichtigste Lektion. Im Weltcup geht alles schneller als im IBU Cup oder Junior Cup. Man muss sich das Rennen also gut einteilen und sich konzentrieren. Wenn man mit den schnelleren Läufer mithalten will, darf man nicht von Beginn an alles geben, sondern muss noch Körner für die letzte Runde aufsparen. Taktik ist im Weltcup sehr wichtig.“
Khalili beschreibt uns die Unterschiede zwischen der Top-Liga und dem IBU Cup bzw. Junior Cup: „Im Weltcup schießen viele Athleten sehr schnell. Im Juniorenbereich ist es nicht so wichtig, schnell zu schießen. Man kann sich Fehler am Schießstand leisten oder langsamer schießen, dafür aber schneller laufen. Dann landet man ganz vorn… Im Weltcup muss man der beste Läufer und der beste Schütze sein. Lauf wie Martin Fourcade und schieß wie Simon Eder!“
Ole und Martin
Die Vorbilder des aufgehenden Sterns am Biathlonhimmel sind keine große Überraschung: „Björndalen und Fourcade. Meine Biathlonkarriere begann, als Björndalen der König des Biathlonsports war. Wegen ihm habe ich mit Biathlon angefangen. Später hat mich Fourcades unglaublich hohes Niveau beeindruckt. Er hat so viele großartige Rennen abgeliefert. Ich habe viel von ihm am Fernseher gelernt.“
Ziele
Trotz seiner Erfolge kann sich Khalili noch nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Vor allem nicht, wenn er seine persönlichen Ziele erreichen möchte. „Natürlich muss ich in diesem Sommer viel trainieren. Jeder trainiert hart für die Olympiasaison. Sie ist für mich und alle anderen extrem wichtig. Ich darf keine Fehler machen und muss unbedingt gesund bleiben.“
Zielorientiert, ruhig, nett und fröhlich
In nur wenigen Jahren wurde aus dem Nicht-Biathleten Said Karimulla Khalili ein Medaillengewinner in allen Biathlonligen. Er hat das Potenzial, an seine Idole heranzulaufen. Wenn man mit ihm spricht, erkennt man leicht das Geheimnis seines Erfolgs: Dieser kluge, nachdenkliche Biathlet erreicht seine Ziele dank seiner Charaktereigenschaften. Er selbst beschreibt sich als „zielorientiert, ruhig, nett und fröhlich.“
Photos: IBU/Christian Manzoni, Rene Miko, Evgeny Tumashov, Said Karimulla Khalili