Krönung für schwedisches Schwesternpaar
Die beiden Oeberg-Schwestern konnten ihr Glück kaum fassen, gemeinsam ganz oben auf dem Podest zu stehen. Für Elvira war der Staffelsieg „riesig, einfach nur riesig. Ich habe mich sehr über meine Einzelmedaillen gefreut, aber nun hier mit Hanna und den beiden anderen Mädels ganz oben zu stehen, ist nicht zu toppen.“ Auch für Hanna ging ein Traum in Erfüllung: „Die Frauenstaffel war im Vorfeld der Spiele sicherlich einer der Höhepunkte für uns. Dass wir jetzt Gold mit dem schwedischen Team gewonnen haben, bedeutet uns sehr viel. Nach ihren Silbermedaillen habe ich mich sehr mit Elvira gefreut und war stolz auf sie. Der gemeinsame Erfolg heute bedeutet mir wirklich viel. Das ist einfach großartig!“
Elvira ganz bei sich
Die schwedische Schlussläuferin hatte die dramatischen Szenen bei der gestrigen Männerstaffel mit eigenen Augen gesehen und sagte: „Das zeigt, dass im Biathlon alles passieren kann. Die Abstände sind extrem eng geworden. Ich habe mich heute einzig und allein auf mein eigenes Rennen konzentriert, weil ich weiß, dass ich gut genug bin. Ich musste nicht aufs Ganze gehen, sondern nur eine stabile Performance zeigen. Ich bin stolz, wie ich diese neue Situation gemeistert habe.“
Nach acht Nachladern, zwei Strafrunden und einer starken Vorstellung von Schlussläuferin Marte Olsbu Roeiseland kam Norwegen mit 50,7 Sekunden Rückstand auf den vierten Rang. Der fünfte Platz ging an die italienische Staffel, die insgesamt fünfmal nachladen musste (1:33,1 Minuten zurück), gefolgt von Frankreich auf Rang sechs (zehn Nachlader, zwei Strafrunden, 2:13 Minuten zurück).
Das Feld der Teilnehmerinnen hatte analog zu den Männern gestern mit eisigen Temperaturen zu kämpfen, wenngleich das Thermometer etwas mildere -13 °C anzeigte. Dafür durften sich die 20 Frauenstaffeln über einen strahlend blauen, wolkenlosen Himmel freuen. Lisa Vittozzi übernahm gleich nach dem Start die Führung. Am Schießstand wehte ein leichter Wind, der im Gegensatz zu manch anderem Wettkampftag jedoch immer beherrschbar blieb. Von den ersten elf Teams blieben zehn ohne Nachlader und gingen innerhalb von 10 Sekunden zurück auf die Strecke, wobei Susan Dunklee (USA) das Feld anführte. Vor dem ersten Stehendanschlag des Tages setzte sich Linn Persson an die Spitze. Sie bemühte für die fünf Ziele einen Nachlader, genauso wie Vittozzi hinter ihr. Zusammen mit Vanessa Voigt und sieben weiteren Staffeln lagen sie immer noch dicht beieinander innerhalb von 10 Sekunden.
Vanessa Voigt übergab für die DSV-Staffel als Erste an Vanessa Hinz, fast zeitgleich übernahmen Mona Brorsson für Schweden und Dorothea Wierer für Italien. Wierer räumte liegend in gewohnt schneller Manier alle fünf Scheiben ab und setzte sich 4 bzw. 5 Sekunden vor die ebenfalls fehlerfreien Brorsson und Hinz. Auf den folgenden 2 km vergrößerte die Südtirolerin ihren Vorsprung. Im stehenden Anschlag lieferte Wierer einmal mehr eine sensationelle Serie ab, genauso wie Kristina Reztsova (ROC) und Brorsson, die mit 1,7 bzw. 8 Sekunden zurück auf die Strecke gingen. Hinz musste nachladen und fiel 31 Sekunden zurück. Unterdessen handelte sich Tiril Eckhoff zwei Strafrunden ein, sodass Norwegen mit 1:53 Minuten Rückstand nur auf Rang zwölf lag.
Reztsova zog auf der Strecke an Wierer vorbei und gab ihrer ROC-Teamkollegin Svetlana Mironova beim nächsten Wechsel 10 Sekunden Vorsprung vor Italien und 27 Sekunden vor Schweden mit auf den Weg. Für Deutschland übernahm Franziska Preuss 45 Sekunden hinter der Führenden. Mironova hatte das Liegendschießen ohne Fehler hinter sich gebracht, noch ehe die Konkurrenz einen Schuss abfeuerte. Sowohl Hanna Oeberg als auch Samuela Comola benötigten einen Nachlader und gingen Seite an Seite mit 24 Sekunden Rückstand zurück in die Loipe. Beim sechsten Schießen des Tages handelte sich Mironova indes eine Strafrunde ein, sodass Comola nach einem Nachlader die Führung übernahm. Hanna Oeberg musste gleich drei Reservepatronen bemühen, um die fünf Ziele zu treffen, und folgte 1 Sekunde hinter der Italienerin. Mironova hatte nun 5,7 Sekunden Rückstand, dahinter war Preuss auf dem vierten Rang.
Vor dem letzten Wechsel fuhr Hanna Oeberg 7,4 Sekunden Vorsprung auf Italien heraus, für die nun Sanfilippo ins Rennen ging. Die ROC-Staffel lag 13,5 Sekunden, die deutsche Schlussläuferin Denise Herrmann 37 Sekunden zurück. Elvira sah bei ihrem Liegendanschlag angesichts regungsloser Windfähnchen entspannt aus. Sie schoss verhalten, aber sicher fünf Mal ins Schwarze. Nigmatullina folgte mit 26 Sekunden Rückstand, Sanfilippo mit 35 Sekunden. Beim abschließenden Stehendschießen benötigte Elvira sechs Patronen für die fünf Ziele und lief so der Goldmedaille für Schweden entgegen. Nigmatullina und Herrmann mussten ebenfalls einmal nachladen und folgten 24 bzw. 34 Sekunden dahinter.
Auf ihrer Schlussrunde huschte der 22-jährigen Schwedin ein Lächeln über die Lippen und sie winkte den sich verneigenden Betreuern am Streckenrand zu. Beim Überqueren der Ziellinie reckte sie die Fäuste nach oben und fiel in die Arme ihrer jubelnden Teamkolleginnen. Die ROC-Staffel behauptete Silber, Denise Herrmann bescherte Deutschland die Bronzemedaille.
Herrmann mit guter Ausgangslage
Denise Herrmann übernahm die DSV-Staffel auf Rang vier, führte sie auf den Bronzerang und war mit dem Ergebnis zufrieden: „Die drei vor mir haben einen tollen Job gemacht. Meine Ausgangsposition war gut, die Medaillen noch immer in Schlagdistanz. Vielleicht war es von Vorteil, dass wir nicht in Führung lagen, da ich mich so ganz auf mich konzentrieren und Scheibe für Scheibe abarbeiten konnte. Die letzte Runde war echt hart, aber wir haben es geschafft und sind nun überglücklich.“
ROC-Schlussläuferin Uliana Nigmatullina war sich der besonderen Aufgabe bewusst, als Schlussläuferin ihres Teams die Medaille nach Hause zu bringen: „Es ist ein überaus schönes Gefühl, bei den Olympischen Spielen ein derart gutes Ergebnis zu feiern. Ich muss zugeben, dass es einen großen Unterschied macht, ob man als Start- oder als Schlussläuferin eine Medaille gewinnt. Wenn man ein Rennen beendet, ist das Gefühl noch intensiver. Deshalb haben meine Teamkolleginnen vielleicht noch gar nicht realisiert, was wir erreicht haben. Für mich hingegen ist es der Gipfel der Glückseligkeit.“
Fotos: IBU/Christian Manzoni