Sturla Holm Laegreid war der Durchstarter der vergangenen Saison. Mit Biathlon-Können und Nerven aus Stahl gewann er sieben Rennen und eroberte die Herzen zahlloser Fans weltweit. Vor drei Jahren konnte der 24-jährige Norweger von solchen Resultaten allerdings nur träumen, als bei ihm das Pfeiffersche Drüsenfieber diagnostiziert wurde und er seine Karriere vorerst auf Eis legen musste. Am Weltgesundheitstag erzählt er uns im Interview von dieser Zeit und davon, wie er nach der Krankheit seine Form zurückgewann.
Ich dachte nicht, dass sich das auf die Wettkampfsaison auswirken würde. Von wegen.
Biathlonworld: Wie hast du herausgefunden, dass du Pfeiffersches Drüsenfieber hast?
Sturla Holm Laegreid: Nach Ende der Saison 2017/2018 hatte ich ein bisschen Halsschmerzen, habe mir aber nichts dabei gedacht. Erst später, als ich am ganzen Körper Ausschlag bekam, ging ich zur Ärztin. Sie machte ein paar Tests und stellte fest, dass ich Pfeiffersches Drüsenfieber hatte.
BW: Was war deine erste Reaktion darauf, dass du nicht trainieren und Wettkämpfe laufen kannst?
SHL: Erst habe ich gedacht, dass es nicht lange dauern würde, weil meine Symptome (Ausschlag, Halsschmerzen) schnell wieder abgeklungen waren und es mir gut ging. Die Diagnose bekam ich damals auch Mitte, Ende April, also dachte ich nicht, dass sich das auf die Wettkampfsaison auswirken würde. Von wegen. Der Arzt beim Verband hatte viel Erfahrung mit Pfeifferschem Drüsenfieber bei Athleten, und ich habe seinen Rat befolgt.
Wir haben alle sechs Wochen Blut abgenommen, um zu prüfen, ob das Virus noch in meinem Blut nachzuweisen war. Ich durfte nicht trainieren, bis die Testergebnisse gut genug waren. Ich habe mich nicht krank gefühlt, also dachte ich, dass ich in ein paar Monaten sicher wieder trainieren würde können. Leider kam es anders, und ich wurde Mal für Mal enttäuscht, weil ich immer noch nicht wieder trainieren durfte. Erst Mitte September durfte ich mich wieder „bewegen“, aber Training konnte man das noch nicht nennen. Im Dezember waren meine Blutwerte dann endlich auf einem akzeptablen Niveau, und ich durfte wieder einsteigen.
BW: Hattest du jemals Angst, dass es mit dem Wiedereinstieg nichts mehr wird?
SHL: Das waren richtig schwierige Monate, aber ich habe mir gesagt, dass ich mich jetzt auf etwas anderes konzentrieren muss. Gottseidank ist Biathlon ja eine Kombinationssportart, also konnte ich mich voll auf das Schießen konzentrieren und mir so den Optimismus und die Motivation bewahren. Aber klar, ich habe mir Sorgen gemacht, dass ich mich vom Pfeifferschen Drüsenfieber nie wieder erhole.
BW: Wann und wie hast du beschlossen, dich jetzt auf etwas zu konzentrieren, woran du noch arbeiten kannst, wie zum Beispiel Schießen?
SHL: Ich hatte einen neuen Trainer, Ronny Hafsaas, und bei dem wollte ich einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Im ersten Trainingslager habe ich also alleine Schießeinheiten absolviert, wenn die anderen ihre Kraft- und Ausdauereinheiten gemacht haben, und das hat sich dann verselbständigt. Ich habe meine Zeit und Kraft darauf verwendet, in der einen Disziplin besser zu werden, an der ich noch arbeiten konnte. Mein Schießen hat mir die Motivation gegeben, diese lange Krankheitsphase durchzustehen.
BW: Wie war da der Prozess und worauf hast du dich besonders konzentriert?
SHL: Als die Trainingssaison begann, wusste ich, dass ich nicht normal würde einsteigen können. Also habe ich vor dem ersten Trainingslager ein paar grundlegende Veränderungen an meiner Waffe und meinem Anschlag vorgenommen. Ich wollte andere Ansätze für das Schießen ausprobieren, und die Inspiration dafür habe ich mir bei anderen Top-Biathleten geholt, vor allem beim Anschlag von Martin Fourcade. Das ist dann über den Sommer und Herbst irgendwie zu meinem Projekt geworden. Ich hatte viel Zeit zur Verfügung und habe sie genutzt, um am Schießstand mit meiner Waffe und dem Anschlag zu experimentieren. Da habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt und Erkenntnisse über das Schießen gewonnen, von denen ich heute noch profitiere.
Die Gesundheit ist das größte Gut, das wir haben, und deswegen müssen wir gut auf uns achtgeben!
BW: Hast du dir für die Rückkehr zur Wettkampfform Etappenziele gesteckt? Oder ging das nicht, weil Pfeiffersches Drüsenfieber so unberechenbar ist und man es nur Tag für Tag angehen kann?
SHL: Ich musste es Tag für Tag angehen, weil nicht abzusehen war, wann ich wieder trainieren würde können. Aber als man mich dann im Dezember wieder auf die Loipe losgelassen hat, wollte ich unbedingt noch vor Saisonende ein paar Rennen mitlaufen. Das hat mich sehr motiviert, und ich habe es auch geschafft, zum Saisonende noch mal anzutreten, wenn auch nicht in der besten Form. Aber es hat unglaublich Spaß gemacht, wieder „im Geschäft“ zu sein!
BW: Was hast du aus deinen Erfahrungen gelernt, das du anderen am heutigen Weltgesundheitstag mitgeben möchtest?
SHL: Was ich aus meiner Zeit mit Pfeifferschem Drüsenfieber gelernt habe, ist dass man nichts überstürzen darf. Natürlich fühlt sich jeder Tag ohne Training furchtbar an, und ich hatte auch Angst, dass ich nie wieder mein altes Leistungsniveau erreichen würde. Aber ich bin jetzt sehr froh, dass ich es behutsam angegangen bin. Ich habe meinem Körper die Chance gegeben, dieses Virus ohne die zusätzliche Belastung durch das Training zu besiegen, und ich bin mir sicher, dass ich auch deswegen später keine Rückschläge erlitten habe. Die Gesundheit ist das größte Gut, das wir haben, und deswegen müssen wir gut auf uns achtgeben!
Photos: Manzoni