Ziel: „Schießen wie im Einzel“
Wierer, die mit vier perfekten Schießeinlagen am Donnerstag schon das 15 km Einzel der Frauen gewonnen hatte, wiederholte dieses Kunststück heute. Für die erfahrene Italienerin war es allerdings das erste Mal, dass sie in einem Massenstart alle 20 Scheiben treffen konnte. „Beim Aufwärmen ging es mir total schlecht, wie immer. Am Ende war es dann doch gar nicht so übel. ... Mein größtes Ziel war, so wie im Einzel zu schießen, und das hat funktioniert. ... Zwanzig Treffer, das ist für mich einfach perfekt.“
„Angst vor den Französinnen“
Sie lieferte erneut eine schnelle Laufzeit, vor allem auf der letzten Runde, und ist in der besten Form der Saison. „Das hat sich gar nicht so angefühlt, ich habe mich einfach auf mich konzentriert. Ich hatte Angst vor den Französinnen, weil die wirklich schnell sind. Also hab ich einfach alles aus mir herausgeholt. ... Es waren für mich perfekte Bedingungen zum Laufen. ... Ich glaube, Östersund gefällt mir!“
Die Norwegerin Marte Olsbu Röiseland wurde mit einem Fehler und 40,1 Sekunden Rückstand Vierte. Mit Caroline Colombo schaffte es eine dritte Französin in die Top sechs, auf den fünften Platz, ebenfalls mit 40,1 Sekunden Rückstand und mit zwei Fehlern. Sechste wurde die Schwedin Hanna Öberg mit zwei Fehlern und 47,5 Sekunden Rückstand.
Auch heute durften die Athletinnen mit -5 °C, strahlendem Sonnenschein, harten, schnellen Strecken und nur leichtem Wind am Schießstand bestes Winterwetter genießen. Die Hälfte des Feldes kam angeführt von Simon mühelos durch das erste Liegendschießen und ging innerhalb von 10 Sekunden als lange Schlange wieder auf die zweite Runde. Lisa Vittozzi fiel nach zwei Strafrunden zurück auf Rang 30 mit 49 Sekunden Rückstand und konnte sich nicht wieder nach vorn arbeiten.
Wierer, die von Anfang an in der Führungsgruppe mitlief, sagte, ihr gefalle Östersund, „wenn sie hier dies guten, richtigen Winterbedingungen haben ... und keinen Wind. Vor ein paar Jahren habe ich für das letzte Stehendschießen glaube ich drei Minuten gebraucht!“
Die Frau in Gelb/Rot kam auch durch das zweite Liegendschießen so mühelos wie durch das erste und führte eine Vierergruppe mit der ebenfalls fehlerfreien Wierer, Jeanmonnot und Olsbu Röiseland innerhalb der nächsten 4,5 Sekunden an. Bis zur Zwischenzeit bei 7 km hatten die ersten drei die Norwegerin abgehängt und sich fast 10 Sekunden von Rang vier abgesetzt.
Simon nietete ihre ersten fünf Stehendscheiben sicher und rasant um, was ihr einen Vorsprung von 7 Sekunden vor der Mannschaftskameradin und der Italienerin verschaffte, die ebenfalls ohne Fehler durchkamen. Röiseland bleib mit 12,8 Sekunden Rückstand in Schlagdistanz. Auf der nächsten Runde zum letzten Stehendschießen flog Simon mühelos über den Schnee und baute ihre Führung um weitere Sekunden aus.
Sie erklärte ihre Strategie. „Ich wollte in diesem Rennen unbedingt auf dem Podest stehen und habe alles versucht. Ich habe beschlossen, von vorn anzugreifen und Spaß zu haben, und jede Sekunde meines Schießens zu genießen. Einfach ich selbst zu sein am Schießstand. ... Ich greife gern an, so bin ich einfach, das mach ich gern, ich habe schnell geschossen und ein paar leichte Sekunden gewonnen.“
Auch die ersten vier Stehendscheiben traf der französische Star mühelos, bevor die letzte stehen blieb, sie in die Strafrunde ging und die Karten noch einmal neu gemischt wurden. Wierer und Jeanmonnot reagierten mit schnellem, sauberem Schießen. Wierer ging drei Sekunden vor Jeanmonnot auf die Stecke, Simon nach der Strafrunde 12 Sekunden hinter ihr.
Jeanmonnot: „Lieber Zwei verteidigen als Podest verspielen“
Jeanmonnot ging das letzte Stehendschießen konservativ an. „Ich habe beschlossen, mich an Doro zu halten, weil meine Laufzeit etwas langsamer war als Julias, also war es die beste Strategie, mich an Doro zu hängen. Über das letzte Schießen bin ich ein bisschen traurig, enttäuscht, weil ich am Anfang der Runde dachte, ich könnte um die Führung kämpfen, aber ich hatte dann Stress, weil ich mich gegen Ende der Runde schlecht gefühlt habe, also wollte ich lieber den zweiten Platz verteidigen als das Podest zu verspielen.“
Der italienische Star setzte sich von der französischen Nachwuchshoffnung sofort ab und sicherte ihre Führung und den Sieg. Jeanmonnot und Simon komplettierten das Podest.
Wierer gab zu, dass sie das ganze Rennen über Simon im Kopf gehabt hatte. „Nachdem ich zweimal Null geschossen hatte, hat Julia richtig Gas gegeben. Ich war mir sicher, dass sie (Julia) im letzten Stehendschießen die Null bringen würde, und dann hörte ich, ... dass sie schnell schoss ... und dass die letzte Scheibe stehen blieb. Ich habe mir gesagt: ‚Bleib ganz bei dir‘. Das war richtig gut. Aber ich war mir sicher, dass sie mich auf der letzten Runde noch wieder einholt, weil ich normalerweise nicht so stark bin.“
Simons großer Vorsprung in Gesamt- und Massenstartwertungen
Simon philosophierte über diesen dritten Platz, mit dem sie nun in der Weltcup-Gesamtwertung bei 1003 Punkten vor Wierer mit 859 Punkten liegt. Auch ihren Vorsprung in der Massenstart-Wertung konnte sie auf 225 Punkte ausbauen, 79 Punkte vor Anais Chevalier-Bouchet. „Natürlich will man immer ein gutes Rennen und perfektes Schießen abliefern, aber ein weiterer Podestplatz ist auch wichtig. Ich bin zufrieden damit, aber der letzte Schuss war einfach zu viel. Aber auf dem Podest zu stehen ist richtig gut für die Gesamtwertung.“
Fotos: IBU/Christian Manzoni, Per Danielsson