Beide Teams sind mit erfahrenen Stars und Nachwuchstalenten besetzt, herangezogen in einem Biathlonsystem mit großer Mannschaftstiefe, dass sich konstant mit Athletinnen und Athleten verjüngt, die im Juniorencup und IBU Cup Erfahrungen gesammelt haben. Männer und Frauen liefern dabei in dieser Saison bislang stark unterschiedliche Resultate ab.
Das neue Trainer-Duo bei den Männern aus dem hochkonzentrierten Simon Fourcade und dem Schieß-Guru Jean Pierre Amat hat im Sommer an Schießtempo und Zielsicherheit gearbeitet und mit Trainingslagern auf der Höhe an der Form gefeilt. Man setzte große Hoffnungen in den motivierten Mannschaftsführer Quentin Fillon Maillet, in Emilien Jacquelin, der seine Freude am Sport wiedergefunden hatte, in Nachwuchsstar Eric Perrot, die Claude-Brüder und den immer verlässlichen Antonin Guigonnat. Und doch starteten die Männer mit Fehlschlägen in die Saison. Zu Jahresbeginn 2024 hat noch keiner von ihnen in einem Einzelwettbewerb auf dem Podest gestanden, zum ersten Mal seit der Saison 1996/97, als unter anderem der zukünftige Start Raphael Poirée und ironischerweise Erics Vater Franck Perrot zum Kader gehörten.
Die einzigen kleinen „Erfolge“ waren drei sechste Plätze von Fillon Maillet, Jacquelin und Perrot. Fillon Maillet, der 2022 den IBU Gesamtweltcup gewann, liegt derzeit auf Rang 14, Perrot auf 16 und der zweifache IBU Verfolgungsweltmeister Jacquelin auf Platz 18 der Gesamtwertung. Im Schießen, sonst die Paradedisziplin der Franzosen, liegen die drei 3 - 5 Prozentpunkte unter den Leistungen der Vorsaison und den persönlichen Bestleistungen. Amat sagte zu La Chain L’Équipe nach einem miserablen Sprint in Lenzerheide, bei dem die Top drei zwei, zwei und fünf Fehler geschossen hatten: „Es war alles andere als ein Erfolg ... es scheint bei den Sprints eine Blockade zu geben.“ Zum verbesserten Schießtempo sagte er frustriert: „Davon ist momentan nichts zu sehen.“
Trotz der ausbleibenden Einzel-Erfolge demonstrierten die französischen Männer ihr Potential mit zwei Staffel-Podestplätzen, darunter ein beeindruckender zweiter Platz in Hochfilzen.
Bisweilen lassen Glanzmomente auf Podestplätze hoffen. Jacquelin führte mit aggressivem Lauftempo über die gesamte erste Hälfte des Massenstarts in Lenzerheide und schoss dabei schnell und treffsicher im Liegendanschlag, bevor er sich im Stehendanschlag mit zwei Strafrunden aus dem Rennen katapultierte. Fabien Claude wurde mit 18 Treffern Elfter, Fillon Maillet landete auf Platz 17. Ein weiteres Glanzlicht: Jacquelin und Fillon Maillet waren Erster und Zweiter, Claude Fünfter bei den Schießzeiten.
Jacquelin sagte zu La Chain L’Équipe, dass sich die Dinge in die richtige Richtung entwickeln. „Ich gebe jeden Tag mein Bestes und versuche, mich weiterzuentwickeln. Ich bin in der Lage, zu beschleunigen, die Führung zu übernehmen und meine Schüsse zu kontrollieren. Das mit den 20 Treffern hat fast geklappt. Da liegt auch die Frustration, aber ich will lieber nichts bereuen, will alles versuchen, das Rennen für mich zu entscheiden.“
Die Mannschaft hat sich vor Weihnachten noch einmal neu aufgestellt, Emilien Claude in den IBU Cup zurückgestuft und tritt nun mit fünf Männern wieder an, wenn die Saison weitergeht.
Die französischen Frauen starteten mit jungen Talenten, aber auch vielen Fragezeichen in die Saison: Anais Chevalier Bouchets Karriereende, Justine Braisaz-Bouchets Rückkehr aus der Elternzeit, Gesamtweltcup-Siegerin Julia Simon, die wegen der vielbesprochenen internen Kreditkarten-Affäre nicht mit der Mannschaft trainiert hatte. Und doch gab dieses Team gleich Vollgas und räumte zuletzt in Lenzerheide gehörig ab: Braisaz-Bouchet gelang der Hattrick, was ihr das gelbes Trikot einbrachte, und in der Gesamtwertung liegt Simon auf Rang sechs, Lou Jeanmonnot auf Rang 10.
Schon bei der gemischten Staffel zur Saisoneröffnung in Östersund hatte sich abgezeichnet, dass die Frauen Oberwasser haben. Frankreich siegte, getragen von je 10 Treffern ohne Nachlader durch Braisaz-Bouchet und Schlussläuferin Jeanmonnot. Jeanmonnot gewann den Sprint, für sie der erste Weltcupsieg, lief in der Verfolgung Franziska Preuss davon und machte sich in Gelb auf den Weg nach Süden.
Zu diesen Siegen sagte Jeanmonnot: „Das war unerwartet, weil es auf der Strecke so hart war. Ich wollte (in der Verfolgung) einfach nur mein Bestes geben, deswegen war der Sieg unerwartet ... Als ich (Preuss) auf den letzten 50 Metern einholte, wusste ich, dass das meine Stärke ist und dass das gut ausgehen würde.“
In Hochfilzen tat sich Jeanmonnot schwer (und erkrankte kurz darauf an Corona). Braisaz-Bouchet und Simon sprangen für sie in die Bresche. Der dritte Platz der jungen Mutter im Sprint war ihr erster Podestplatz seit dem Sieg im Massenstart von Oslo im März 2022. „Ich wollte so schnell wie möglich wieder auf dem Podest stehen. Ich hatte das im Gefühl ... Es war ein guter Tag.“ Simon lieferte einen soliden fünften Platz in der Verfolgung mit nur einem Fehler bei 20 Schuss.
In Lenzerheide waren die vielen Fragen vom Saisonstart dann endgültig beantwortet. Die Massenstart-Olympiasiegerin von 2022 begeisterte mit einem Hattrick: ein perfekter Sprint, ein überragender Verfolgungssieg und ein brillanter, fehlerfreier, vierter Massenstartsieg der Karriere. „Mein erster Weltcupsieg ist genau sechs Jahre her und mein Vater hat heute Geburtstag. Ich musste am Stand die Null bringen, und das war heute ziemlich einfach. Ich habe zwanzig Treffer gesetzt, und das war für mich sehr wichtig.“ Im Verfolger stand sie neben der zweitplatzierten Simon auf dem Treppchen, gleich zwei Französinnen auf 1 und 2.
Diese drei Frauen fuhren in den ersten vier Saisonwochen für die französische Équipe die Erfolge ein und taten genau das, worauf die Männer gehofft hatten und was sie nicht abliefern konnten.
Das neue Jahr dürfte für die französischen Frauen weitere Erfolge bringen. Braisaz-Bouchet und Simon leisten auf dem von vielen erwarteten Niveau, während Jeanmonnot ein blau-weiß-rotes Podest komplettieren könnte, sobald sie wieder in Form ist. Die französischen Männer haben genug Talent, um die Saison wieder auf Kurs zu bringen. Erst kürzlich sagte Tarjei Bö: „Wir vermissen die französische Konkurrenz.“ Diese Worte könnte er im Laufe der nächsten Wochen noch bereuen.
Fotos: IBU/Christian Manzoni, Jasmin Walter